Entsorgung einer quecksilberhaltigen Chemikalie in Essen-Frillendorf

Der Behälter wurde vor vielen Jahren in einem Labor des TÜV offenbar für einen Versuch genutzt, eventuell ging es dabei um eine Materialprüfung. Wozu die Chemikalie genau verwendet wurde, ist seitens des TÜV nicht mehr zu ermitteln.

In den Laboren des TÜV finden z.B. Material- und Werkstoffuntersuchungen sowie Emissionstests statt.

Das Quecksilberoxicyanid ist hoch explosiv und giftig und kann nicht ohne weitreichende Sicherheitsvorkehrungen entsorgt werden. Es handelt sich um einen seltenen Stoff, der heutzutage nicht mehr benutzt wird, so dass es kein Standardverfahren zur Entsorgung gibt und ein geeignetes Verfahren erst entwickelt werden musste. Sowohl das Verfahren als auch der Einsatz an sich mussten umfassend geplant werden, was Zeit in Anspruch genommen hat.

Ja, der Behälter mit Quecksilberoxicyanid wurde in einer adäquaten Umgebung in ehemaligen Laborräumen in einem unzugänglichen, fest eingebauten und verschlossenen Panzerschrank gelagert.

Die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen dienen dem Ausschluss bzw. der Minimierung von Risiken, sowohl für die Einsatzkräfte als auch für die Bürger*innen. Die Chemikalie ist hoch explosiv, giftig und kann während der Delaborierung in andere gefährliche Stoffe zerfallen.

Unter Delaborierung wird das Unschädlichmachen einer Chemikalie verstanden.

Im Labor, wo sich der Behälter mit der Chemikalie befindet, wurden im Vorfeld umfassende Sicherheitsmaßnahmen getroffen. Die Türen wurden verstärkt und die Fenster entnommen und durch dichte Folie ersetzt, um bei einer möglichen Explosion Splitter durch geborstene Scheiben zu vermeiden. Der Behälter wird während des Einsatzes sehr vorsichtig in ein begehbares Digestorium (Abzug mit Abluftanlage) gestellt, dort geöffnet und die Chemikalie delaboriert und anschließend entsorgt.

Nein, ein Transport der Chemikalie stellt ein Risiko für Mensch und Umwelt dar. Die Chemikalie reagiert sehr empfindlich auf Reibung und Stöße und muss daher direkt vor Ort unschädlich gemacht werden.

Das Personal, das unmittelbar mit der Chemikalie in Berührung kommt, ist entsprechend geschult und das Unternehmen, für das sie arbeiten, ist für den Umgang mit explosiven Stoffen zertifiziert. Außer diesen Personen wird niemand unmittelbar mit der Chemikalie in Berührung kommen, solange diese nicht unschädlich gemacht wurde.

Während der Delaborierung kann es zum einen zu einer Explosion kommen, da der Stoff sehr reibungs-, stoß- und druckempfindlich ist. Zum anderen kann während des Prozesses, der die Chemikalie unschädlich machen soll, Blausäure freigesetzt werden. Diese ist ebenfalls hoch giftig und extrem entzündlich.

Die Rettungskräfte der Feuerwehr, die im schlimmsten Fall diese Personen aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich retten sollen, sind für einen ABC-Einsatz ausgerüstet und halten während der Delaborierung einen Sicherheitsabstand innerhalb des Gebäudes ein. Ein Notarzt und weiteres Rettungspersonal sind in der Nähe des Gebäudes in Bereitschaft.

Um die Nachbarschaft vor etwaigen Gefahren zu schützen und das Gefahrenpotential zu minimieren wird vor dem Einsatz ein Umkreis von 200 Metern um das TÜV-Gebäude evakuiert.

Der Evakuierungsradius wurde von der Bezirksregierung Düsseldorf und der Feuerwehr nach dem Sprengstoffrecht festgelegt.

Sobald die Chemikalie delaboriert wurde, wird sie von einem Entsorgungsbetrieb entsprechend den dafür geltenden Vorgaben für Gefahrgut bzw. Sondermüll entsorgt werden. Dafür werden sie mit einem normalen Gefahrguttransport abtransportiert, bei dem keine gesonderten Vorkehrungen notwendig sind.

Die Kosten des Einsatzes trägt der TÜV NORD. Die Höhe der Kosten steht noch nicht fest.

Quecksilberoxicyanid ist ein explosiver Feststoff, welcher bei Schlag oder Reibung, Erwärmung oder anderen Zündquellen unter Bildung einer großen Gasmenge zerfällt.

Es wurde früher als Desinfektionsmittel verwendet, heutzutage wird die Chemikalie aufgrund ihrer Toxizität nicht mehr genutzt.

Quecksilberoxicyanid ist explosionsgefährlich und hoch giftig. Bei Zersetzung besteht die Gefahr der Quecksilbervergiftung.

Nach dem weltweit einheitlichen System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Stoffen und Gemischen GHS, das in der EU durch die CLP-Verordnung umgesetzt wird, ist Quecksilberoxicyanid wie folgt gekennzeichnet:

• H201: Explosiv, Gefahr der Massenexplosion
• H331: Giftig bei Einatmen
• H311: Giftig bei Hautkontakt
• H301: Giftig bei Verschlucken
• H373: Kann die Organe schädigen (alle betroffenen Organe nennen, sofern bekannt) bei längerer oder wiederholter Exposition (Expositionsweg angeben, wenn schlüssig belegt ist, dass diese Gefahrbei keinem anderen Expositionsweg besteht)
• H410: Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung

Ja, bei der Zersetzung des Quecksilberoxicyanids kann Blausäure entstehen.

Blausäure (Cyanwasserstoff) ist eine hoch giftige, sehr flüchtige, farblos bis gelbliche Flüssigkeit. Sie ist brennbar und mit Wasser sowie Alkohol in jedem Verhältnis mischbar. In verdünnter Form erinnert der Geruch an bittere Mandeln. Bei hohen Konzentrationen wird der Geruch stechend, kratzend und nicht mehr definierbar.

Blausäure ist extrem entzündlich und hoch giftig.

Nach dem weltweit einheitlichen System zur Einstufung und Kennzeichnung von chemischen Stoffen und Gemischen GHS, das in der EU durch die CLP-Verordnung umgesetzt wird, ist Blausäure wie folgt gekennzeichnet:

• H 224: Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar
• H 300+310+330: Lebensgefahr bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen
• H 314: Verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden
• H 372: Schädigt die Organe bei längerer oder wiederholter Exposition
• H 410: Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung

Durch die Außenluft wird Blausäure verdünnt, der Verdünnungseffekt nimmt mit dem Evakuierungsradius zu – je weiter weg vom Gebäude, desto weniger Blausäure wäre bei einem Austritt noch vorhanden.

Nach Einschätzung der Expert*innen besteht die Gefahr eher im direkten Umfeld bzw. würde sich nur auf das Gebäude beschränken.

Die Feuerwehr wird Messgeräte zur Erkennung von Blausäure im Einsatz haben.

Aufgrund des hohen Dampfdrucks während der Delaborierung kann Quecksilber in die Raumluft gelangen. Quecksilber (Hg) ist besonders gefährlich als Dampf (Dämpfe schon bei Raumtemperatur), weniger gefährlich als fein verteilte Flüssigkeit und wenig gefährlich als Flüssigkeitstropfen. Bei einer Inhalation der Dämpfe besteht akute Vergiftungsgefahr (Quecksilbervergiftung), die Hauptaufnahme erfolgt über die Atemwege.