Seit 1988 steht der 1. Dezember für den Kampf gegen AIDS: Weltweit sind die Menschen an diesem Tag dazu aufgerufen, ihre Solidarität mit von HIV betroffenen Menschen zu zeigen, etwa mit der symbolischen roten Schleife am Revers. Regierungen, Organisationen und Vereine erinnern mit verschiedenen Aktionen an HIV und AIDS und den Kampf gegen das Virus.
Auch die Stadt Essen hat sich in den letzten 30 Jahren für eine gute, schnelle und unkomplizierte Hilfe für mit dem HI-Virus infizierte oder an AIDS erkrankte Personen stark gemacht. 1985 wurde beispielsweise die Aidshilfe Essen e.V. als gemeinnütziger Verein von engagierten Bürgerinnen und Bürgern gegründet. Sie waren zumeist direkt oder indirekt von HIV/AIDS betroffen.
In fast jedem Gesundheitsamt, auch in Essen, wurde 1987 eine neue Stelle eingerichtet, das "Großmodell Gesundheitsämter" wurde ins Leben gerufen. Darin war ein breiter Aufgabenkatalog vorgegeben, der von Beratung und HIV-Test über aufsuchende präventive Arbeit, Beratung von Institutionen bis hin zur Koordination der AIDS-Arbeit vor Ort reichte.
Ziel der HIV-Arbeit ist bis heute die Verhinderung der Weiterverbreitung von HIV mittels unterschiedlicher Maßnahmen der HIV-Prävention sowie der Beratung, Betreuung und Überleitung in die medizinische Versorgung.
Die Initiierung und Weiterentwicklung von HIV-Angeboten in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Stellen und die Vernetzung der verschiedenen Angebotsstrukturen bilden einen wesentlichen Arbeitsschwerpunkt.
Mit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 erweiterte sich das Aufgabenfeld um andere sexuell übertragbare Infektionen (STI). Dieses Aufgabenfeld wurde in die HIV-Prävention integriert.
Im Verlauf der vergangenen 30 Jahre war es immer wieder erforderlich, die Aufgaben den medizinischen, epidemiologischen und diagnostischen Erkenntnissen anzupassen, wie zum Beispiel die Hochaktive Antiretrovirale Therapie (HAART), aktuell die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) und der HIV-Heimtest. In gemeinsamer Abstimmung mit allen beteiligten Trägern wird die Ausrichtung der Prävention, Beratung, Untersuchung und Versorgung festgelegt und umgesetzt.
Heute schauen wir in Essen auf ein gut funktionierendes Kooperationsnetz unterschiedlicher Träger (siehe Schaubild) mit verschiedenen Arbeitsfeldern und -themen und auf ein breit gefächertes Angebotsspektrum. Innerhalb des Netzwerkes gibt es für bestimmte Zielgruppen unter den Trägern Absprachen zu den spezifischen Angeboten. Die Koordination des Netzwerkes liegt beim Gesundheitsamt.
Die weiteren zentralen Gremien sind der "Essener Arbeitskreis Sexualpädagogik und sexuelle Gesundheit" unter Mitwirkung des Jugendamtes und der Arbeitskreis "Sexuelle Gesundheit und Migration" unter Mitwirkung des Kommunalen Integrationszentrums, in denen in Abstimmung mit dem "Leitungstreffen" zielgruppenspezifische Präventionsmaßnahmen geplant und durchgeführt werden. Ein besonderes Kennzeichen der Präventionsarbeit in Essen sind die zahlreichen gemeinsamen Veranstaltungen und Kooperationen der Träger.
Darüber hinaus findet regelmäßig trägerübergreifend ein Austausch mit der Ambulanz für HIV/Aids, Proktologie, Geschlechtskrankheiten des Universitätsklinikum Essen (HPSTD-Ambulanz) und anlassbezogen mit dem Institut für HIV-Forschung des Universitätsklinikum Essen statt.
Die Säulen der HIV/AIDS/STI-Arbeit
Prävention
Die Präventionsarbeit beinhaltet die Information und Aufklärung der Allgemeinbevölkerung und spezieller Zielgruppen, die Vorbeugung und Verhinderung von neuen Infektionen und die Entwicklung von Zugängen für Menschen, die auf Grund ihrer Lebenssituation, sozialer Herkunft und Sprachbarrieren dem deutschen Gesundheitssystem fern bleiben. Die Prävention knüpft immer an die Lebenswelt und Lebensrealität der Zielgruppe an. Die Art und Weise, wie die Botschaften im Kontext der Aufklärung vermittelt werden und das Wissen wo die Zielgruppen am besten erreicht werden, sind für das Gelingen von Präventionsmaßnahmen ausschlaggebend.
Viele Präventionsaktionen werden nicht nur von einzelnen Trägern durchgeführt, sondern im Kooperationsverbund mehrerer Einrichtungen. Wenn die Angebote von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren gestaltet werden, lernen die Teilnehmenden die unterschiedlichen Angebots- und Unterstützungsangebote kennen und haben die Möglichkeit, bei Bedarf die für sie geeignete Einrichtung aufzusuchen.
Um Menschen mit Migrationshintergrund mit Informationen und Aufklärungsbotschaften zu erreichen, bedarf es kultursensibler und niedrigschwelliger Angebotsstrukturen, meistens aufsuchend an Treffpunkten der Communities, bei Festen, in Gebetshäusern (Moscheen oder Kirchen).
Ein Beispiel für einen kultursensiblen Umgang mit dem Thema HIV/STI ist der über die Landesgrenze hinaus geschätzte Interkulturelle Parcours "Liebes-Welten" des AWO Lore-Agnes-Haus. Das Angebot richtet sich an Menschen mit Migrationshintergrund, die oft aus Ländern kommen, in denen gelebte Sexualität, insbesondere gleichgeschlechtliche, tabuisiert und verboten ist. Sie weisen einen hohen Informationsbedarf zu Themen der sexuellen Gesundheit auf und haben bislang keinen ausreichenden Zugang zu den bestehenden Versorgungsstrukturen gefunden. HIV/STI ist dabei eingebettet in die allgemeinen Themen sexueller Gesundheit wie bewusste Familienplanung, Verhütung, Sexualität, Tabus und sexuelle Orientierung.
Beratung und Test
Beratungsangebote der HIV/AIDS-Beratungsstellen richten sich in erster Linie an Menschen mit HIV und deren Umfeld. Grundlegend geht es darum, Hilfe bzw. Unterstützung im Umgang mit der HIV-Infektion und damit verbundenen Problemen anzubieten.
Ein besonderer Schwerpunkt der HIV/STI Beratungsstelle des Gesundheitsamts Essen war von Beginn an die Beratung und insbesondere die anonyme, vertrauliche und kostenlose Testung auf HIV. Die Risikoanamnese (sexueller Lebensstil, sexuelle Praktiken, Hochrisikokontakte) und die Information zu Übertragungswegen und Schutzmöglichkeiten bilden das Herzstück der Beratung. Die Beratung vor und nach dem Test ist immer auch ein Mittel der personalkommunikativen Prävention und muss an die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst sein, beispielhaft sind hier zu nennen "Schutz durch Therapie" und die Präexpositionsprophylaxe (PrEP).
Das Gesundheitsamt bietet zwei unterschiedliche Testverfahren für die Untersuchung auf HIV an; den Labortest und den HIV-Schnelltest, der bereits nach 20 Minuten ein Ergebnis anzeigt.
Das Testangebot wird von allen Bevölkerungsgruppen wahrgenommen.
Jede Einrichtung hat einen besonderen Zugang zu bestimmten Zielgruppen, und nur dadurch können wir in Kooperation mit den verschiedenen Trägern des Netzwerkes ein szenennahes und aufsuchendes Beratungs- und Untersuchungsangebot vorhalten und diese Zielgruppen erreichen.
Aufsuchende Beratungs-und Untersuchungsangebote des Gesundheitsamtes in Kooperation mit verschiedenen Trägern:
Begleitung und Betreuung
Bei manchen Problemkonstellationen ist eine längerfristige Begleitung und Betreuung notwendig, die schwerpunktmäßig von der Aidshilfe und der cse Aidsberatung angeboten werden. Zusätzlich findet wöchentlich in der HPSTD-Ambulanz eine offene Sprechstunde statt. Menschen mit einer HIV-Neudiagnose können darüber in eine der Einrichtungen eingebunden werden oder in spezifische Hilfeangebote weitervermittelt werden. So wird in etwa bei HIV-positiven schwangeren Frauen innerhalb des Netzwerkes die evangelische Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familie und Sexualität des Diakoniewerks Essen dazu geschaltet.
Die cse Aidsberatungsstelle und die Aidshilfe bieten außerdem "Ambulant betreutes Wohnen" an. Das Angebot richtet sich an Menschen, die mit ihrer Lebenssituation und ihrer HIV-Infektion überfordert sind und umfassende und kontinuierliche Hilfe bei der Bewältigung ihres Lebensalltags benötigen. Die Motivation, die Medikamente regelmäßig einzunehmen, um die Compliance zu sichern, Antriebsschwäche zu überwinden und die regelmäßigen Untersuchungen in der Klinik wahrzunehmen, gehören ebenso zum Hilfsangebot wie die zahlreichen Projekte und Freizeitaktivitäten, die teilweise in enger Verzahnung der Träger untereinander durchgeführt werden. Das angestrebte Ziel ist es, die Betroffenen zu befähigen, irgendwann wieder ein eigenständiges Leben führen zu können.
Behandlung und Forschung
Zuständig für die medizinische Versorgung von HIV/AIDS-Patientinnen und Patienten in Essen ist die Ambulanz für HIV/AIDS, Proktologie, Geschlechtskrankheiten (STD) des Universitätsklinikums Essen. In enger Kooperation werden von der HIV/STI Beratungsstelle des Gesundheitsamtes Menschen, die einen positiven HIV-Befund erhalten haben, auf Wunsch in die Ambulanz zur Behandlung übergeleitet.
Das Behandlungsangebot ist eingebettet in ein interdisziplinäres Betreuungskonzept in Zusammenarbeit mit einigen Einrichtungen des Kooperationsverbundes, die, wie oben bereits erwähnt, psychosoziale Begleitung vor Ort anbieten, und dem Institut für HIV Forschung.
Hier findet die Erforschung neuer Wege für die HIV-Behandlung und die Impfstoffentwicklung statt. Ziel der Forschung ist es, Methoden zu entwickeln, um das Leben HIV-positiver Menschen zu verbessern. Hierzu werden zahlreiche Studien durchgeführt. Die Rekrutierung der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wird durch das Kooperationsnetz unterstützt.
Darüber hinaus findet ein kontinuierlicher fachlicher Austausch zwischen allen Akteuren statt.
Das Angebotsspektrum der unterschiedlichen Einrichtungen des Kooperationsnetzes ist umfangreicher, als hier dargestellt werden konnte. Detaillierte Informationen sind auf den nachfolgenden Internetseiten der Einrichtungen zu finden.
www.aidshilfe-essen.de
www.cse.ruhr.de
www.diakoniewerk-essen.de
www.essen.de
https://hiv-forschung.de
www.lore-agnes-haus.de
www.suchthilfe-direkt.de
www.together-virtuell.de
www.uk-essen.de/hautklinik
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