Am Dienstag (2.4.) überbrachte Oberbürgermeister Thomas Kufen im Beisein von Prof. Heinrich Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums, die goldene Amtskette und das Stahlbuch der Stadt Essen als Leihgabe für die kommende Sonderausstellung „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“. Die Amtskette und das Stahlbuch sind zwei der letzten Exponate, die ihren Platz in der Ausstellung gefunden haben, die ab Montag (8.4.) im Ruhr Museum besucht werden kann. Die Exponate wurden von zwei namenhaften Künstlerinnen geschaffen, die in den 1920er und 1930er Jahren auf der Margarethenhöhe gelebt und gearbeitet haben, und sind aufgrund ihrer Qualität und repräsentativen Nutzung zwei Highlights der Ausstellung. Sie zeigen, wie professionell und erfolgreich Frauen in dieser Aufbruchzeit gearbeitet und sich über die Region hinaus als Meisterinnen ihrer Handwerkskünste etabliert haben.
Oberbürgermeister Thomas Kufen stimmte der Leihanfrage sofort zu: "Diese Ausstellung ist ein besonderer Anlass. So haben die Essener Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, sich Amtskette und Gästebuch samt ihrer Geschichte aus nächster Nähe anzusehen."
Prof. Heinrich Theodor Grütter ist sehr erfreut über die beiden hochkarätigen Leihgaben: "Wir freuen uns, zwei für die Stadt Essen so bedeutungsvolle historische Exponate, die auch aktuell repräsentativen Zwecken dienen, hier auf Zollverein zeigen zu können. Sie stehen in der Ausstellung für die hohe Handwerkskunst und die enge Zusammenarbeit zweier Künstlerinnen, die die Margarethenhöhe zu einer bedeutenden Künstlersiedlung gemacht haben."
Die Exponate
Goldene Amtskette des Oberbürgermeisters von Essen
Die goldene Amtskette des Oberbürgermeisters von Essen wurde von der Goldschmiedin Elisabeth Treskow 1955 entworfen und angefertigt. Die mit Stahl- und Kohlepyramiden, Gruben und Zellenemail, Perlen und blauen Saphiren besetzte Amtskette wird etwa zum Empfang von ausländischen Staatsgästen getragen. Treskow hatte bereits 1938 eine Amtskette für den Essener Oberbürgermeister angefertigt, die im Zweiten Weltkrieg verschollen ist.
Stahlbuch der Stadt Essen
1934 bekam die Buchbinderin Frida Schoy einen Auftrag von hoher Symbolkraft: Die Stadt hatte beschlossen, aus Anlass der Hochzeit des Gauleiters Josef Terboven, zu der Adolf Hitler und Hermann Göring nach Essen anreisten, ein Gästebuch anzulegen. Die Buchdeckel wurden von der Firma Fried. Krupp aus modernem Chrom-Nickel-Stahl hergestellt. Die Goldschmiedemeisterin Sigrid Keetmann, eine Schülerin von Elisabeth Treskow, hatte darauf das Stadtwappen als Emaillearbeit angebracht. Frida Schoy leistete 1935 die anspruchsvolle Bindearbeit für das ungewöhnliche Buch – mit Nieten wurden der Lederrücken und die Seiten mit den zwei Stahldeckeln verbunden. Nach dem Ende des Dritten Reiches wurde unter Verwendung der alten Deckel das Stahlbuch neu begonnen; die Bindung lag auch 1953 wieder in der Hand von Frida Schoy. Die alten Seiten mit den NS-Eintragungen wurden herausgenommen, sie liegen heute im Haus der Essener Geschichte. Im Jahr 2014 wurde das Buch von der Buchbinderin Juliane Kühne in Essen restauriert, weil das Leder spröde geworden war und den Belastungen durch die schweren Deckel nicht mehr standhielt.
Die Künstlerinnen
Elisabeth Treskow (1898 Bochum – 1992 Brühl)
Nach dem Besuch der Hagener Silberschmiede und der Kunstgewerbeschule in Essen studierte die Goldschmiedin Elisabeth Treskow an der Fachschule für Edelmetallindustrie in Schwäbisch-Gmünd. 1923 zog sie auf die Margarethenhöhe, 1927 in das neue Werkhaus. Einen Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit bildete die etruskische Technik der Granulation. Kriegsbedingt verlegte sie 1943 ihre Werkstatt nach Detmold. 1948 wurde sie Leiterin der Gold- und Silberschmiedeklasse an den Kölner Werkschulen.
Frida Schoy (1889 Duisburg – 1963 Essen)
Die Meisterin für Buchbinde- und Lederarbeiten bezog 1927 eine Werkstatt im neuen Werkhaus. Sie schuf hochwertige Alben und Einbände sowie Mappen und Schatullen aus Leder. Häufig arbeitete sie mit der Goldschmiedin Elisabeth Treskow zusammen. Frida Schoy experimentierte mit neuartigen Materialien wie Plexiglas oder Stahl; für die Stadt Essen fertigte sie 1935 das Gästebuch („Stahlbuch“). Seit 1933 und nach dem Krieg, von 1947 bis 1955, war sie Dozentin für Leder und Papier an der Folkwangschule.
Die Ausstellung "Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe"
Das Ruhr Museum auf Zollverein zeigt vom 8. April 2019 bis 5. Januar 2020 die Sonderausstellung „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“. 2019 jährt sich zum hundertsten Mal die Gründung des Kleinen Atelierhauses auf der Essener Margarethenhöhe, das die Stifterin der Gartenvorstadt, Margarethe Krupp, für den Künstler Hermann Kätelhön bauen ließ. Es war die Keimzelle eines Künstlerkreises, der sich in den nachfolgenden Jahren auf der Margarethenhöhe etablierte. Zu ihm gehörten neben Kätelhön vor allem die Bildhauer Joseph Enseling, Will Lammert und Richard Malin, die Maler und Grafiker Gustav Dahler, Kurt Lewy sowie Hermann und Philipp Schardt, die Goldschmiedin Elisabeth Treskow, die Buchbinderin Frida Schoy und der Fotograf Albert Renger-Patzsch. Sie schufen mitten im Ruhrgebiet eine Künstlersiedlung, die sich mit der künstlerischen und kunsthandwerklichen Produktion im Industrieraum an Rhein und Ruhr auseinandersetzte.
Die Ausstellung veranschaulicht mit über 700 Exponaten die Einbindung des Künstlerkreises in den kulturellen Aufbruch im Industrierevier in den 1920er und 1930er Jahren und erzählt von dem Zusammenleben der Künstler und dem Wirken dieser Künstlersiedlung im Westen Deutschlands. „Aufbruch im Westen. Die Künstlersiedlung Margarethenhöhe“ ist Teil des Projekts „100 jahre bauhaus im westen“ und wird großzügig vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
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