"Neubau Gesamtschule Altenessen-Süd" - Realisierungswettbewerb ist entschieden

10.07.2020

Der europaweite Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb für den Neubau der Gesamtschule Altenessen-Süd (GSAS) ist entschieden. Aus 19 eingegangenen Bewerbungen wurden 15 teilnehmende Planungsbüros oder Arbeitsgemeinschaften ausgewählt. Alle Teams haben Entwürfe eingereicht.

Das Büro v-architekten GmbH aus Köln mit club L94 Landschaftsarchitekten GmbH aus Köln wurde vom Preisgericht unter Vorsitz des Architekten Martin Halfmann einstimmig mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

Das Entwurfskonzept

Das Preisgericht würdigte den Entwurf des Wettbewerbsgewinners wie folgt:

Das windmühlenartige Baukörper-Ensemble aus drei Lernhäusern, dem Sporthallengebäude und der verbindenden Mitte platziert sich an zentraler Stelle auf dem Grundstück und schafft nach Süden eine großzügige Platzsituation, an dem der Haupteingang der Schule, der Zugangsbereich zu den Sporthallen und die Adresse des Quartierstreffs verortet sind. Der von den Verfassenden gewählte Titel „Schule im Park“ findet Berechtigung dadurch, dass eine Verzahnung der Baukörper mit dem Freiraum nicht nur durch die Baukörperstellung an sich, sondern auch die funktionale Verknüpfung zwischen Innen- und Außenraum stattfindet.

Herzstück des Entwurfes ist das zentrale und zweigeschossige Forum, in dem sich das Foyer, die Mensa und die Aula mit Bühne befinden. Diese „gemeinsame Mitte” verbindet die drei Lernhäuser und das Sportgebäude auf zwei Geschossen, ist Ort der Begegnung, der Veranstaltung, des Zusammenkommens und Pausen- und Aufenthaltsbereich über den ganzen Schultag. An vier Seiten öffnet sich diese Mitte zu den sich verzahnenden Freiräumen, die von den Funktionen der unterschiedlichen Häuser bespielt werden (Musikhof und Amphitheater, Mensaterrasse). Die Anordnung von Aula, Mensa und Bühne ermöglicht die gewünschte Zusammenschaltbarkeit.

In den beiden nördlichen Lernhäusern befinden sich auf drei Geschossen verteilt die Jahrgangscluster – auch in der gewünschten Kombination als Doppeljahrgänge 5/6, 7/8 und 9/10 auf jeweils einem Geschoss. Die Fassadenbereiche sind umlaufend mit Lern- und Differenzierungsräumen, sowie einem Teamraum besetzt, wohingegen in der Mitte die freien Lern- und Aufenthaltsbereiche verortet sind. Der innenliegende Bereich wird jeweils über einen kleinen Innenhof belichtet. Im südöstlichen Baukörper befinden sich im Erdgeschoss die Verwaltung sowie die dienenden Räume der Mensa. In dem darüber liegenden Geschoss liegen die Naturwissenschaften, die ebenfalls über die Mitte angebunden sind.

Die Arbeit stellt einen guten Beitrag zum nachhaltigen Bauen dar und überzeugt durch ihr plausibles Energiekonzept mit einem hohen Anteil an regenerativen Energien. Die geplante Holzhybridkonstruktion vereint die Vorteile des Massivbaus mit denen der Holzbauweise und stellt somit eine gute Konstruktionsmöglichkeit dar. Diese führt sowohl zur Einsparung grauer Energie als auch Konstruktionsgewicht. Die genannte akustische Ausstattung in Innenräumen, auf Verkehrsflächen und im Forum werden begrüßt. Das vorgeschlagene Lüftungskonzept ist plausibel.

Ausstellung der Wettbewerbsergebnisse

Ab dem 28. August werden alle Wettbewerbsbeiträge für zwei Wochen öffentlich ausgestellt, der Ort wird noch bekannt gegeben.

Zum Hintergrund

Die Stadt Essen plant aufgrund steigender Schülerzahlen und verstärkter Nachfrage nach Gesamtschulplätzen im Stadtgebiet Essen die Neugründung und den Neubau einer sechs-zügigen Gesamtschule sowie einer Dreifachsporthalle, zwei Einfachsporthallen und Nebenanlagen an der Erbslöhstraße im Stadtteil Altenessen-Süd. Das zu bebauende Grundstück ist im Eigentum der Stadt Essen und weist eine Größe von etwa 35.000 Quadratmetern auf. Die Gesamtschule soll Ende des dritten Quartals 2025 mit einem Kostenrahmen von rund 58,52 Millionen Euro fertiggestellt werden und künftig Platz für etwa 1.300 Lernende und etwa 110 Lehrende und Beschäftigte bieten. Der Schulneubau soll den aktuellen Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht werden und dem Standard eines Passivhauses entsprechen. Eine Zertifizierung nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) in Silber ist angestrebt.

Zur Umsetzung dieses Bauvorhabens und um geeignete Planungsbüros zu ermitteln, führte die Stadt Essen einen nicht offenen Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb durch. Ziel des Wettbewerbes war es, alternative Lösungsvorschläge zu erhalten und einen Generalplaner oder ein Architektenbüro in einer Arbeitsgemeinschaft mit Planungsbüros für Landschaftsarchitektur, Tragwerksplanung und technische Gebäudeausrüstung mit Erfahrung in Passivhausbauweise als Auftragnehmer für die Planungsleistungen zu ermitteln. Das Aachener Büro RHA Reicher Haase Assoziierte unterstützte die Stadt bei der Durchführung des Wettbewerbsverfahren.

Zur Vorbereitung des Wettbewerbs wurden im Mai und Juni 2019 mehrere Planungsgruppengespräche und ein Stadtteilgespräch durchgeführt. Mit verschiedenen Fachverwaltungen sowie Vertretungen anderer Gesamtschulen und Akteuren vor Ort wurde ein bedarfsgerechtes und entwicklungsfähiges Raumkonzept für den neuen Schulstandort erarbeitet. Die Ergebnisse dieses Werkstattverfahrens sind in das Raumprogramm eingeflossen. Das Raumprogramm definiert die Grundzüge der räumlichen Organisation auf Grundlage der „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland“ der Montag Stiftung. Ferner wurde als Grundlage für die Wettbewerbsaufgabe ein Katalog der Nachhaltigkeitskriterien nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen erarbeitet, eine Verkehrsuntersuchung mit Aussagen zu Erschließung, Anlieferung, Entsorgung und Parken erstellt sowie eine orientierende Baugrunduntersuchung durchgeführt.

Um die planungsrechtlichen Voraussetzungen einer Bebauung zu schaffen, wurde ein Bebauungsplanverfahren eingeleitet, das bei plangemäßem Ablauf zum Baubeginn der Schule abgeschlossen sein wird.

Planungsaufgabe und Ziel

Die Entwicklungen auf der Neubaufläche müssen bezüglich städtebaulich-funktionaler, nutzungsfunktionaler und gestalterischer Auswirkungen des Gesamtschulprojekts im Sinne eines „Bildungscampus“ auch das städtebauliche Umfeld im Kontext unterschiedlicher Ansprüche und Folgewirkungen im Wettbewerb betrachten. Neben dem Blick für die pädagogische Arbeit in der Schule gilt es auch den „Außenblick“ Richtung Stadtteil zu beschreiben sowie die Interaktion zwischen der Schule und den Einrichtungen, Trägern und Orten im Stadtteil. Schulen im Quartier bzw. Sozialraum sind als Mittelpunkte von Stadtteilen zu begreifen: Stadträumlich aufgrund der in Anspruch genommenen Fläche und sozial aufgrund ihrer Bedeutung für die Bevölkerung.

Neben der hochbaulichen Aufgabe ist eine städtebaulich sinnvolle Gesamtanlage zu schaffen, die sich an der umgebenden Bebauung orientiert und Wege- und Freiflächenbeziehungen berücksichtigt und ergänzt. Die Einbindung in verschiedene Richtungen in das Quartier und die Öffnung des Schulcampus ist durch attraktive Wegebeziehungen zu unterstützen. Die Schule besitzt aufgrund ihrer Lage zu Kleingärten und Wohnbebauung eine eher geschützte Lage nach Westen, Norden und Osten, welche als Qualität angesehen wird. Vom südlich gelegenen Berthold-Beitz-Boulevard aus soll die Eingangssituation der Gesamtschule klar erkennbar und sowohl städtebaulich als auch architektonisch ansprechend gestaltet sein.

Die neue Bildungseinrichtung wird als inklusive Gesamtschule konzipiert und soll zugleich einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Quartiers leisten. Dabei bietet das heterogene Umfeld zahlreiche Anknüpfungspunkte für eine pädagogische Profilbildung der neuen Gesamtschule.

Das Raumkonzept enthält neben einem detaillierten Raumprogramm wichtige Aussagen zur räumlich-funktionalen Gliederung und formuliert zentrale Qualitätsanforderungen für Gebäude und Außenareal. Es dient als wesentliche pädagogisch-räumliche Grundlage für den Realisierungswettbewerb und die nachfolgenden Planungsschritte.

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