Im Essener Stadtteil Kray wird seit Jahren die Luftbelastung durch polychlorierte Biphenyle (PCB) überwacht. Obwohl der Schredderbetrieb der ehemaligen Firma Richter GmbH bereits stillgelegt wurde, stand der Stadtteil auch im Jahr 2019 weiter im Blickpunkt der Bezirksregierung Düsseldorf als Überwachungsbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) und des Umweltamtes der Stadt Essen.
Jetzt liegen die aktuellen Ergebnisse der Messungen zur Immissionsbelastung vor. Diese zeigen erfreulicherweise, dass die Belastungen in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen sind und nur noch an vier von zwölf Messpunkten eine Erhöhung im Vergleich zur Hintergrundbelastung in Nordrhein-Westfalen vorliegt.
Ergebnisse des aktuellen Gutachtens
Im Umfeld der ehemaligen Firma Richter betreibt das LANUV seit Jahren Messstellen zur Überprüfung der Schadstoffbelastung, an denen Grünkohl aufgrund seiner großen Blattoberfläche als Bioindikator eingesetzt wird.
Da der Gesetzgeber keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte festgelegt hat, wird die sogenannte regionale Hintergrundbelastung als Vergleichswert für eine Beurteilung zugrunde gelegt. Für dioxinähnliche PCB wird zusätzlich der so genannte EU-Auslösewert herangezogen. Wird dieser Wert überschritten, müssen Ursachen für die hohen, den Hintergrund überschreitenden, Werte ergründet werden und Maßnahmen zu deren Verringerung eingeleitet werden.
Im Jahr 2019 wurde erneut anhand von Grünkohlproben die PCB-Belastung gemessen. Insgesamt wurden an 12 Messpunkten Untersuchungen durchgeführt. Erfreulicherweise zeigen alle Ergebnisse, dass die PCB-Belastung an den Messpunkten deutlich rückläufig ist. Die positive Nachricht ist, dass sich an 8 der 12 Messpunkte gar keine Erhöhung der PCB-Werte im Vergleich zur Hintergrundbelastung im Ruhrgebiet mehr feststellen lässt.
Trotz deutlichem Rückgang der PCB-Belastung im Vergleich zu den Vorjahren sind die Messwerte aber an den 4 Probenahme-Stellen noch erhöht, die entweder unmittelbar an das ehemalige Betriebsgelände der Firma Richter grenzen oder in der Hauptwindrichtung liegen. Hierzu zählen die Kleingartenanlage (KGA) Bonifacius Joachim, sowie die Straßen Kruckenkamp, Bonifaciusring und Am Mechtenberg.
Die jährlichen Untersuchungen werden seitens des LANUV an diesen vier Standorten weiterhin fortgesetzt.
Keine Bürgerversammlung wegen Corona
Die Ergebnisse der Untersuchungen werden in diesem Jahr aufgrund der Coronavirus-Pandemie nicht auf einer Bürgerversammlung präsentiert. Die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Bürgerinitiative zu diesem Thema werden vom Umweltamt der Stadt Essen angeschrieben und informiert.
Verzehrhinweis für Gemüse bleibt bestehen
Da PCB zu 90 Prozent über die Nahrung aufgenommen wird, empfehlen die Stadt Essen und das LANUV Anwohnerinnen und Anwohnern sowie den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern in den betroffenen Bereichen (KGA Bonifacius Joachim und Hausgärten Kruckenkamp; Hausgärten Bonifaciusring und Am Mechtenberg) weiterhin vorsorglich, den Verzehr von Grünkohl und anderem Blattgemüse wie Mangold, Endivie oder Spinat aus eigenem Anbau auf maximal zweimal in der Woche zu beschränken.
Keine Gesundheitsgefährdung durch das Spielen im Freien
Auch wenn die gemessenen Werte an den vier benannten Stellen über der durchschnittlichen Belastung im Ruhrgebiet liegen, besteht keine Gesundheitsgefährdung. Deshalb ist auch der Aufenthalt im Freien unbedenklich. Dies gilt uneingeschränkt auch für Kinder.
Das Angebot des Gesundheitsamtes der Stadt Essen an betroffene Bürgerinnen und Bürger, individuelle gesundheitliche Beratungen und Untersuchungen vornehmen zu lassen, besteht weiterhin.
Zum Hintergrund
Als Hauptverursacher der hohen PCB-Belastung stand der ehemalige Recyclingbetrieb der Firma Richter, der mit zwei großen Standorten im Stadtteil Essen-Kray vertreten war, im Fokus der Behörden. Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte der Firma seit Jahren unterschiedliche Auflagen gemacht, um die vom Betrieb ausgehenden Emissionen soweit wie möglich zu senken. Insbesondere Messungen im Abgas der Shredderanlagen machten in 2016 deutlich, dass gasförmige PCB-Emissionen dieser Anlagen den Hauptanteil der PCB-Belastung im Stadtteil bewirken.
Aus wirtschaftlichen Gründen hatte die Firma Richter zum 31.12.2016 beschlossen, die Shredderanlagen an beiden Betriebsstandorten außer Betrieb zu nehmen und auf die Genehmigung zum Betrieb dieser Anlagen rechtskräftig zu verzichten. Anfang 2017 ging die Firma Richter in die Liquidation und beantragte im April 2017 Insolvenz.
Die Firma Richter hat mittlerweile den gesamten Betrieb an beiden Standorten stillgelegt. Die Ergebnisse des aktuellen Gutachtens stützen die Annahme, dass die PCB-Belastungen von der ehemaligen Firma Richter herrühren. Auch ist zu erwarten, dass an den vier Orten, an denen die Werte noch leicht erhöht sind, in den folgenden Jahren ein Rückgang zu beobachten sein wird. Es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass durch Demontage- bzw. Aufräumarbeiten auf den beiden Betriebsgeländen noch Schadstoffe in geringer Menge freigesetzt werden. Das LANUV wird auch zukünftig so lange an den vier Messstellen in Essen-Kray PCB im Grünkohl messen, bis auch hier die Werte unauffällig sind.
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