Die über sechzig Jahre alte Dacheindeckung und die Natursteinfassade des städtischen Kulturinstitutes "Alte Synagoge - Haus der jüdischen Kultur" müssen saniert werden. Über den aktuellen Sachstand wurde heute (01.09.) der Ausschuss für Stadtentwicklung, -planungen und Bauen informiert.
Eine Bestandsaufnahme des baulichen Zustandes im Jahr 2015 ergab erhebliche Sanierungsbedarfe am Kupferdach sowie der Natursteinfassade. Ein erstes Gutachten kam zu einer vorläufigen Kostenkalkulation von rund 5 Millionen Euro. Im Jahr 2017 wurde hierfür eine Instandhaltungsrückstellung gebildet.
Nach zweieinhalbjähriger Maßnahmenzurückstellung, unter anderem wegen der Durchführung eines zeitintensiven EU-weiten Vergabeverfahrens, wurde ein Ingenieurbüro mit besonderen Kompetenzen in den Bereichen Natursteinfassaden, Kupferdacheindeckungen und Denkmalschutz als Generalplaner beauftragt. Es nahm seine Tätigkeit Ende 2021 auf.
Nun steht fest, wann mit den Arbeiten begonnen werden kann. Der Baubeginn erfolgt im dritten Quartal 2022, die Baustelleneinrichtung mit spezieller Einrüstung der Alten Synagoge erfolgt voraussichtlich Anfang Dezember 2022. Die Fertigstellung ist für das vierte Quartal 2023 geplant.
Die aktualisierte Planung geht nun von aktuell rund 7 Millionen Euro Sanierungskosten aus, wobei die neue Kostenkalkulation auch die Preissteigerungen der zurückliegenden fünf Jahre berücksichtigt und die Einbeziehung des Rabbinerhauses.
Schwerpunkte der Sanierung
Wesentliche Schwerpunkte der Dach- und Fassadensanierung sind
Die verformte und hagelgeschädigte Kupfereindeckung muss erneuert und durch eine härtere, rissfeste Legierung ersetzt werden. Durch Vorgaben des Denkmalschutzes bei der Materialauswahl (Rückgriff auf vorpatiniertes Kupfer, da der Patinierungsprozess in der heutigen viel sauberen Luft anders verläuft) wird sich das Erscheinungsbild der Alten Synagoge nicht nachhaltig ändern.
Die Regenentwässerung ist wegen alters- und verschleißbedingten Schäden, zu geringem Gefälle und anderer konstruktiver Mängel neu zu konzeptionieren. Sie stellt neben der Kupfereindeckung den komplexesten Sanierungspunkt dar. Das Regenwasser wird zukünftig vollständig außenliegend abgeführt.
Der Zustand der hölzernen Dachunterkonstruktion kann erst nach Entfernung der Kupfereindeckung in Gänze ermittelt werden. Stichproben zeigten bisher in großen Teilen einen durchaus guten Zustand. Im Zuge der Sanierung erhalten die Dächer der vier Ecktürme ihre historische Kuppelform zurück.
Die Bewehrung der Stahlbetonkonstruktion der inneren Hauptkuppel liegt teilweise frei. Korrodierte Bewehrungsteile sind zu ersetzen oder nach Entrostung zu versiegeln und die Bereiche nachfolgend mit einer neuen Betoneinfassung zu versehen.
Die Reinigung der Fassade aus Muschelkalk erfolgt materialschonend. Nach Entfernung des Algen- und Flechtenbewuchses sowie jahrzehntealten Schmutz- und Rußablagerungen wird die alte Farbigkeit der massiven Natursteinfassade wieder zu Tage treten. Zur Vermeidung zukünftiger Verschmutzungen wird auch eine nachfolgende Imprägnierung geprüft.
In die Sanierungsmaßnahme wird auch das Rabbinerhaus einbezogen, welches eine bauliche Einheit mit der Alten Synagoge bildet.
Alle Planungen und zukünftigen baulichen Maßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde.
Zum Hintergrund
Das 1980 gegründete Kulturinstitut "Alte Synagoge - Haus der jüdischen Kultur" im denkmalgeschützten und seit 1960 im Besitz der Stadt Essen befindlichen profanierten Synagogenbau der jüdischen Gemeinde in Essen dient als Gedenkstätte und seit 2010 als Museum zur jüdischen und deutsch-jüdischen Geschichte sowie zur jüdischen Kultur der Gegenwart.
Der Bau des Architekten Edmund Körner aus dem Jahr 1913 gehört mit seinem rund 1.500 Besucher*innen fassenden Hauptraum und Emporen zu den größten und architektonisch bedeutendsten Synagogenbauten des 20. Jahrhunderts in Europa. Die Gebäudesubstanz hat sowohl die Reichsprogromnacht als auch den 2. Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden.
Die Innenausstattung und die reiche, kunstvolle innere Ausgestaltung wurden in der Reichsprogromnacht weitgehend zerstört, so dass das Gebäude von 1938-1959 eine fensterlose Brandruine war.
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