Positive Bilanz "Haus des Jugendrechts"

13.06.2023

In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am heutigen Dienstag (13.06.) wurde eine positive Bilanz des "Haus des Jugendrechts" vorgestellt. Die Stadt, die Polizei und die Staatsanwaltschaft Essen arbeiten seit Winter 2017 (offizielle Eröffnung am 13. März 2018) gemeinsam unter einem Dach im "Haus des Jugendrechts" Essen zusammen. Das "Haus des Jugendrechts" verfolgt die Ziele, flächendeckend für das Stadtgebiet Essen strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen junge Intensivtäter*innen zu beschleunigen und damit einhergehend zeitnahe Reaktionen auf jugendkriminelle Aktivitäten zu ermöglichen, kriminelle Karrieren von jungen Intensivtäterinnen*Intensivtätern zu beenden beziehungsweise deren Rückfall zu verhindern, um so die Jugendkriminalität zu reduzieren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls und der Sicherheitslage in der Stadt Essen zu leisten.

Kriterien zur Aufnahme von jungen Straftäterinnen*Straftätern in das Intensivtäterprogramm

Die Kooperationspartner*innen haben hierzu eine verbindliche Vereinbarung über die Zusammenarbeit abgeschlossen. Die Aufnahme von jungen Straftäterinnen*Straftätern in das Intensivtäterprogramm des "Haus des Jugendrechts" richtet sich nach den folgenden Kriterien der Polizei: Es handelt sich um Jugendliche, die unter 21 Jahre alt sind, ihren Wohnort in Essen und Mülheim an der Ruhr haben und in 12 Monaten mindestens fünf Straftaten eines definierten Deliktspektrums (Raub/räuberische Erpressung, räuberischer Diebstahl, Körperverletzungen, Diebstahl, Straftaten gegen die persönliche Freiheit) begangen haben. Im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Leitungsbesprechungen werden die potenziellen Kandidatinnen*Kandidaten den Kooperationspartnerinnen*Kooperationspartnern vorgestellt, bevor sie endgültig als neue Intensivtäter*innen aufgenommen werden. Jede*r Kooperationspartner*in hat hierbei gleichberechtigt die Möglichkeit, Jugendliche vorzuschlagen.

Im Jahr 2022 wurden im Haus des Jugendrechts 93 junge Intensivtäter*innen betreut

Zum Stichtag 31. Dezember 2022 wurden 73 Personen als junge Intensivtäter*innen aus Essen/Mülheim im "Haus des Jugendrechts" geführt, davon befanden sich zehn Jugendliche zu diesem Zeitpunkt in Haft, Untersuchungshaft oder U-Haftvermeidung. Im laufenden Jahr wurden 46 Personen in das Programm aufgenommen und 20 Personen wurden entlassen. Insgesamt wurden somit 93 (65 aus Essen, 28 aus Mülheim) junge Intensivtäter*innen im Jahr 2022 im "Haus des Jugendrechts" betreut. Junge Intensivtäter*innen werden in der Regel aus dem Programm entlassen, wenn sie zwölf Monate polizeilich nicht in Erscheinung treten (kein Ermittlungsverfahren/Gefährdungssachverhalt), aus dem Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Essen wegziehen, sich länger als ein Jahr in Haft befinden oder das 21. Lebensjahr vollendet haben.

33,3 Prozent der Jugendlichen blieben straffrei – neue Angebote für Intensivtäter*innen entwickelt

Die Rückfalluntersuchung zum 31. Dezember 2022 ergab, dass nach der Entlassung aus dem Intensivtäterprogramm 33,3 Prozent der Jugendlichen und Heranwachsenden straffrei geblieben sind. Hier gibt es im Vergleich zum Vorjahr keine Abweichungen. Positiv ist anzumerken, dass die im weiteren Verlauf begangenen Straftaten von drei und mehr von 13,3 Prozent auf 3,3 Prozent gesunken sind. Neben eventuell zu erfolgenden, auch sanktionierenden Maßnahmen steht weiterhin im Vordergrund, gemeinsam flankierende Hilfsangebote zu installieren. Ein Beispiel ist die Entwicklung von speziellen Modulen und Angeboten für Intensivtäter*innen, die unter Mitwirkung aller Kooperationspartner*innen im Jahr 2022 projektbezogen umgesetzt wurden. Es geht unter anderem um die Themen Gewalt, Waffen, Medien, Sucht, Schulden und Strafrecht. Diese Angebote werden im Jahr 2023 fortgeführt. Aktuell findet eine Erhebung von gleichgelagerten Straftaten und Identifizierung von gruppendynamischen Vergehen statt. Nach den dann vorliegenden Erkenntnissen können in Kooperation mit den für die Jugendlichen und deren Familien zuständigen Institutionen pädagogische und auch in manchen Fällen sanktionierende Maßnahmen entwickelt werden.

Wesentlicher Baustein des Intensivtäterprogramms ist personenorientierte Sachbearbeitung aller Institutionen

Auch bei einem Umzug in einen anderen Stadtteil bleibt die Zuständigkeit für den*die Intensivtäter*in bei einer Fachkraft der Jugendgerichtshilfe bestehen. Das heißt, der junge Mensch hat eine feste Person bei der Jugendgerichtshilfe, der Polizei und der Staatsanwaltschaft. Hierdurch, und durch die räumliche Nähe (ein Bürogebäude), sind zeitnahe Absprachen und schnelle Kenntnisse über Besonderheiten gegeben. Durch die persönliche Zuordnung zu festen Mitarbeitenden der Jugendgerichtshilfe wird der Beziehungsaufbau gefördert. Detailwissen über die persönliche/familiäre Situation und den Freundeskreis führen dazu, geeignete pädagogische Angebote zu entwickeln und mit Kooperations- und Netzwerkstrukturen und den dort verorteten Fachkräften abzustimmen und einzuleiten, die dem eventuellen Risiko zu erneuter Straffälligkeit entgegenwirken.

Initiative "Kurve kriegen"

Im Oktober 2016 startete die Initiative "Kurve kriegen" im Polizeipräsidium Essen. Seitdem arbeiten zwei Sachbearbeiter*innen der Ermittlungsgruppe Jugend mit drei pädagogischen Fachkräften der Arbeiterwohlfahrt Essen als sogenanntes multiprofessionelles Team zusammen. Mit dem Einzug der Polizei (Ermittlungsgruppe Jugend) in das Haus des Jugendrechts Essen wurde auch die Landesinitiative "Kurve kriegen" Teil des Hauses. Ihr Leitgedanke ist das möglichst frühzeitige Erkennen und Verhindern von sich abzeichnenden Intensivtäterkarrieren, um gezielt mit erzieherischen Maßnahmen und Hilfen präventiv und nachhaltig einzuwirken. Daher liegt der Fokus vorwiegend auf dem Alterssegment der 8- bis 15-Jährigen. Potenzielle Teilnehmer*innen müssen vor ihrer Aufnahme strafrechtlich in Erscheinung getreten sein (eine Gewalttat oder drei Eigentumsdelikte). Bis Dezember 2022 haben 92 Kinder und Jugendliche aus Essen/Mülheim an „Kurve kriegen“ teilgenommen oder werden aktuell noch durch Maßnahmen betreut. Der Altersdurchschnitt liegt zwischen 12 und 13 Jahren. Die Mehrheit der Teilnehmer*innen ist männlich. Stand Dezember 2022 haben 39 Teilnehmer*innen die Initiative "Kurve kriegen" erfolgreich durchlaufen. 21 brachen die Betreuung hingegen ab; acht davon wurden ins Intensivtäterprogramm überführt. Im April 2020 wurde „Prävention von Clankriminalität - Projekt „360°“ Integration, Orientierung, Perspektiven! - Maßnahmen zur Vorbeugung von Clankriminalität“ als weiteres präventives Projekt umgesetzt. Derzeit werden in Essen sieben Kinder aus Familien mit entsprechendem biografischem Hintergrund pädagogisch betreut.

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