Stadtarchäologie: Neue Daten für die Stadtgeschichte gesammelt

05.09.2025

Seit ihrer Neustrukturierung im Jahr 2023 arbeitet die Stadtarchäologie Essen intensiv daran, Wissenslücken in der Stadtgeschichte zu schließen. Essen verfügt über eine eindrucksvolle Dichte an Burgen, Schlössern und Wallanlagen, deren Ursprünge und Entstehungszeiten oftmals unklar sind. Zu einigen dieser Anlagen liegen nun neue Ergebnisse vor.

Sondagen an der "Sommerburg" im Stadtteil Margarethenhöhe

Erstmals konnte in diesem Jahr das eingetragene Bodendenkmal "Sommerburg", das durch illegale Metallsondengänger beschädigt worden war, genauer untersucht werden. Bei der "Sommerburg" handelt es sich um Reste einer mittelalterlichen Motte, bestehend aus einer Haupt- und einer Vorburg, im Essener Stadtteil Margarethenhöhe. Schriftliche Überlieferungen zur Entstehungs- oder Nutzungszeit der Burg sind nicht bekannt. Die früheste Nennung des Namens "Sommerburg" findet sich erst in einer Schriftquelle von 1668, in der unter dieser Bezeichnung das gesamte, die Burghügel umgebende Gelände gemeint ist. Archäologische Arbeiten fanden hier bislang nie statt, sodass es bisher keinerlei verlässliche Aussagen zum Aussehen und zur Entstehungszeit der Anlage gibt. Aufgrund ihrer Form wird die Motte bisher grob in das 10.–12. Jahrhundert datiert.

Durch die nun angelegten kleineren archäologischen Sondagen in den Raubtrichtern zeigt sich erstmals ein klareres Bild. Im Bereich der Haupt- und der Vorburg konnten Spuren von Pfostengruben nachgewiesen werden, die den Schluss zulassen, dass es hier einst hölzerne Aufbauten gegeben haben muss. Steinerne Mauern konnten nicht festgestellt werden. Dafür wurden zahlreiche Spuren aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und der Nachkriegszeit entdeckt, die belegen, dass in diesem Zeitraum mehrere tiefgreifende Bodeneingriffe stattgefunden haben. Besonders spannend ist der Fund einer rollstempelverzierten Keramik, die in das 9.–11. Jahrhundert datiert werden kann, sodass die gesamte Anlage möglicherweise noch etwas älter ist als bislang angenommen.

Neue Erkenntnisse aus einer Baugrube im Stadtkern

Einen großen Erkenntnisgewinn lieferte zudem eine kleine Baugrube am Zwölfling, unmittelbar am Münster gelegen (siehe Berichterstattung vom 06.05.2024).

Direkt oberhalb des anstehenden Bodens konnten in der Baugrube Schichten erkannt werden, die sich grob ins Mittelalter datieren lassen. Eine dieser Schichten enthielt zahlreiche Sandsteinplatten, was auf einen Mauerversturz oder die Reste einer Fundamentierung hindeutete. Genau in diesem Bereich des Zwölflings wurde eine ältere Ummauerung des damaligen Stiftsbereichs vermutet, die sich bislang jedoch nicht nachweisen ließ. Gefunden wurde die Befestigung bisher lediglich auf der Süd- und der Westseite des Münsters.

Als Gründungsjahr für das freiweltliche Damenstift wird das Jahr 852 angenommen. Mehrere Scherben rollstempelverzierter Keramik ließen darauf schließen, dass die Schicht in das 9./10. Jahrhundert datiert werden könnte. Die Altersbestimmung einer aus der Schicht geborgenen Holzkohleprobe mittels Radiokarbondatierung liefert nun Gewissheit: Die Holzkohle datiert in den Zeitraum zwischen 776 und 973 n. Chr. Somit konnte erstmals nicht nur der genaue Verlauf der ersten Ummauerung Essens in diesem Bereich ermittelt werden, sondern auch bestätigt werden, dass es bereits rund um die Gründungszeit des Damenstifts eine erste Befestigung des Areals gegeben haben muss.

Untersuchungen an der Herrenburg in Werden

Auch eine dritte Burganlage, die Herrenburg auf dem Pastoratsberg südlich von Werden, gab weitere Geheimnisse preis. Genau wie bei der Alteburg, der zweiten großen Ringwallanlage auf dem Pastoratsberg, gibt es noch zahlreiche offene Fragen zur Herrenburg. Vor allem die Entstehungszeit der Burg war bislang mit großer Unsicherheit behaftet, da keinerlei schriftliche Quellen vorliegen. Es wurde bisher vermutet, dass die Burg ins Frühmittelalter datiert und eng mit der Gründung der Stadt Werden im Jahr 799 n. Chr. verbunden ist. Allerdings konnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Anlage wesentlich älter ist – ähnlich wie es sich mehr und mehr bei der Alteburg zeigt. Zudem existieren Funde vom Areal der Herrenburg, die in die vorchristliche Zeit weisen.

Um das genaue Alter zu ermitteln, wurde eine kleine Sondage im Bereich des umgebenden Erdwalls angelegt. Innerhalb des Erdwalls konnten die darunterliegenden Reste der abgerutschten Steinmauer freigelegt werden, die nur noch in wenigen Steinlagen erhalten war. Diese einst mehrere Meter hohe Steinmauer war an der Außenseite mit Kalkmörtel verstrichen, von dem mehrere Proben entnommen wurden. Es zeigte sich, dass als Zuschlagsstoff für den Mörtel Holzkohle verwendet wurde. Auch von diesen kleinen Holzkohleflittern wurden Proben genommen und im Labor zur Altersbestimmung untersucht. Die Ergebnisse datieren die Proben in den Zeitraum zwischen 706 und 874 n. Chr. – also genau in die Zeit der Gründung Werdens. Damit liegt zum ersten Mal ein gesicherter Nachweis vor, dass die hoch über Werden thronende Herrenburg tatsächlich in direktem Zusammenhang mit der Stadtgründung steht.

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Ausgrabungen im Bereich des Südwalls der Herrenburg.
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