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06.04.2023
5 Min

Hoch hinaus in Essen

Stadt entwirft Hochhausentwicklungskonzept


Aktueller Hinweis vom 27.10.2023

Das von der Stadtverwaltung erstellte Hochhausentwicklungskonzept soll am 29. November 2023 vom Rat der Stadt Essen beschlossen werden.

Hochhäuser gehören zur Stadt Essen. Sie sollen auch zukünftig ein bedeutender und identitätsstiftender Teil der Stadt sein. An der richtigen Stelle und mit hoher Qualität sollen neue Hochhäuser an die symbolträchtigen Landmarken der Essener Städtebaugeschichte anknüpfen.

"Denn Hochhäuser in Essen waren immer auch Symbole für stadtgesellschaftlichen Umbruch. Ein Beispiel: Mit dem Wiederaufbau wurden neue Hochhäuser südlich vom Hauptbahnhof geplant, um das Südviertel über die Bahntrasse hinweg an die Innenstadt anzubinden und der Stadt ein weiteres wirtschaftliches Standbein neben der Industrie aufzubauen", sagt Martin Schlegel, Leitung Innenstadt, Stadtgestaltung und Stadtbildpflege im Amt für Stadtplanung und Bauordnung. Die Hochhäuser stünden für den Wandel von der reinen Industriestadt zur Verwaltungs- und Dienstleistungsstadt, dem "Schreibtisch des Ruhrgebiets".

Zehn Grundsätze für die Hochhausentwicklung

Das Hochhausentwicklungskonzept, das die Stadt derzeit entwickelt, soll dabei mit der Definition von Eignungsräumen und der Formulierung von Planungsgrundsätzen Investorinnen*Investoren unterstützen. Zehn Grundsätze habe die Verwaltung dafür aufgestellt. Bei der Entwicklung des Konzeptes berücksichtige das Amt die Topografie und die Höhen der Bestandshäuser. "Wir möchten künftig Sichtachsen erhalten und Grünverbindungen schaffen."

Bestehende Ensembles möchte die Stadt erhalten, was auch dazu führen kann, dass Hochhäuser nicht mehr einfach abgerissen werden. Insbesondere an den vorhandenen Ensembles können neue Hochhäuser entstehen, wenn zusätzlich die Achsen und Verbindungen stimmten. Bei der Nutzung sogenannter hoher Gebäude strebe die Verwaltung eine öffentliche Nutzung des unteren und, wenn möglich auch des oberen Geschosses an. Die Möglichkeiten seien vielfältig, um Öffentlichkeit zuzulassen. Als weiteren Punkt nennt der Planer eine "besonders hohe städtebauliche und architektonische Qualität, die Hochhäuser aufweisen sollen." Die schlage sich auch in der Materialauswahl nieder.

Grüne Fassaden verbessern das Kleinklima

"Holz ist durchaus auch beim Bau in die Höhe ein attraktiver und nachhaltiger Baustoff. Zusätzliche Begrünungen an Fassaden, Balkonen und auf dem Dach können das Kleinklima positiv verbessern und sind mit Solaranlagen kombinierbar", sagt Martin Schlegel. Hochhäuser sollen eben einen "Mehrwert für die Allgemeinheit haben."

Multifunktionale Nutzung und Nachhaltigkeit wichtig

Das Bauen müsse in der Zukunft nachhaltiger werden. Rund 90 Prozent aller mineralischer Baustoffe aus deutschen Böden verbraucht das Bauen. Es ist für 55 Prozent aller bundesweit anfallenden Abfälle verantwortlich. "Und das Bauen verursacht etwa 40 Prozent aller Emissionen im Land. Der Rückbau und die Emissionen ausländischer Zulieferbetriebe sind darin noch nicht enthalten", zieht Martin Schlegel Bilanz. Wichtig ist ihm, dass die multifunktionale Nutzung ein wichtiges Auswahlkriterium bei den Planungsgrundsätzen ist. Dabei spielten aber auch die Verschattungen eine Rolle. "Allerdings kann man über Hochhäuser nur schwierig günstigen Wohnraum schaffen", erklärt der Planer. Der könnte anteilig im Hochhaus oder im Umfeld geschaffen werden.

"Natürlich beachten wir im Rahmen unseres entstehenden Konzeptes die Belange des Denkmalschutzes und auch der Bodendenkmalpflege", erklärt der Stadtgestalter. Martin Harter, Geschäftsbereichsvorstand Stadtplanung und Bauen, bestätigt, dass es "Megahochhäuser" wie in asiatischen Städten und den USA in Essen nicht geben werde. Künftig wolle er Neubauten entsprechend kommunizieren. Dazu zählt neben der hohen gestalterischen Qualität auch eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Bauweise. Ebenso sei ihm die Öffentlichkeitsbeteiligung bei den Projekten wichtig, um so zielgerichtet in den Austausch mit den Bürger*innen zu kommen und umfassend diskutieren zu können. "Wichtig ist für uns, dass wir Spielregeln aufstellen, die Investoren kennen, um entsprechend planen zu können", so der Geschäftsbereichsvorstand Stadtplanung und Bauen.

Neue Hochhäuser sollen einen Mehrwert schaffen

Die künftigen Planungen sollen sich an den neuen Grundsätzen orientieren. Der Mehrwert von Hochhäusern (ab einer Höhe von 22 Metern) kann unter anderem durch ökologische Bauweise erfolgen und/oder durch Möglichkeiten, Erdgeschoss und Obergeschoss für die Öffentlichkeit zu öffnen.

Hohe Bauten haben in Essen eine lange Tradition

"Hohe Gebäude haben in Essen eine sehr lange Tradition", sagt Peter Brdenk. Der Essener Dipl. Ing. Architekt verweist auf die zahlreichen Kirchtürme, die seit dem Mittelalter das Stadtbild prägen. "Ihnen folgen während der Industrialisierung die Schlote im 19. Jahrhundert und die ersten Hochhäuser zu Beginn des 20. Jahrhunderts."

Als Hochhaus gelte ein Gebäude, das höher als 22 Meter ist. Gemessen werde vom Boden bis zur Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem sich Menschen aufhalten können. Bis dahin können Feuerwehren Menschen noch von ihren Fahrzeugen aus retten.

"Das größte in Deutschland genormte Rettungsgerät ist eine Drehleiter mit Korb (DLK 23/12) mit einer Nennrettungshöhe von 23 Metern und zwölf Metern Ausladung", erklärt der Architekt.

Diese Höhe überschreiten in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts nicht nur die Kirchen, sondern auch die ersten "hohen Häuser" in der Essener Innenstadt. Zu ihnen zählen unter anderem die Alte Post und das Eickhaus am Willy-Brandt-Platz sowie das Deutschlandhaus am Hirschlandplatz. Im Südbereich des Hauptbahnhofes, an der Freiheit, entsteht das heute nicht mehr existierende Hansahaus. Und natürlich prägen über lange Zeit die Schlote das Essener Stadtbild ebenso wie die Zechen.

Erste Hochhäuser nach dem Zweiten Weltkrieg

Mit der großflächigen Zerstörung der Stadt während des Zweiten Weltkrieges orientieren sich die deutschen Architektinnen*Architekten an den USA. Es werden die ersten Hochhäuser gebaut, die denen in den USA vom Äußeren her oft ähneln. Das Rheinstahl-Haus wird zwischen 1958 und 1961 mit einer Höhe von 76,9 Metern gebaut. Das AEG Gebäude (1952/53) und das Arenberghaus prägen das Bild an der Kruppstraße. Es wird überragt vom RWE-Hochhaus von 1961, das es auf 85 Metern Höhe bringt. Das Iduna-Haus folgt 1963 und auch die evangelische Kirche setzt mit dem Haus der evangelischen Kirche 1964 auf Höhe.

Das Postscheckamt folgt zwischen 1963 und 1968. Mit einer Höhe von 106 Metern steigt das Essener Rathaus (1975 bis 1979) zu einem der höchsten begehbaren kommunalen Verwaltungsgebäude in der Republik auf. Heute ist es zusammen mit dem Kieler Rathaus das dritthöchste in Deutschland (Leipzig 114,70 Meter und Hamburg 112 Meter). Als architektonisch gelungen, bezeichnet Peter Brdenk das Universitätsklinikum Essen mit seiner Augen-HNO-Klinik.

Keine Wolkenkratzer

Heute seien Hochhäuser keine Lösung, um günstigen Wohnraum zu schaffen: "Das Wohnen in Hochhäusern ist teuer und kann den Wohnungsbedarf nicht lösen." Das könne über niedrigere Bebauungen erfolgen, die durchaus im Umfeld von Hochhäusern integriert werden könnten.

"Aber im Vergleich zu den Staaten oder den Megastädten in Asien sind wir in Essen weit entfernt von Wolkenkratzern." Mit einer Höhe von 127 Metern überragt heute der RWE-Turm alle anderen Hochhäuser in der Stadt. Weltweit ist das Burj Khalifa mit 828 Metern derzeit das größte Hochhaus der Welt. "1956 hat der amerikanische Architekt Lloyd Wrigth mit 'The Illinois' einen Wolkenkratzer mit einer Höhe von 1609,34 Metern geplant." Er wurde aber nicht verwirklicht.


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