Um eine Stadt lebenswert zu machen, bedarf es vieler verschiedener Komponenten. Eine Komponente davon sind die Grünflächen. Sie sind ein sehr wichtiger Bestandteil für die Lebensqualität in einer Stadt – besonders einer Großstadt wie Essen. Parkanlagen und Wiesen sind kleine Naherholungsgebiete für Bürgerinnen und Bürger. Zudem sorgen sie für eine bessere Luftqualität auch in eng bebauten Innenstädten.
Für die Planung solcher Grünflächen werden bei der Stadt Essen Landschaftsarchitekten ausgebildet. Sie entwickeln und gestalten diese Orte für Mensch und Natur. Jana Froese, Absolventin der Landschaftsarchitektur, beendete vor kurzem ihren Studiengang bei der Stadt Essen und erzählt im Interview, was diesen Studiengang so besonders macht.
Hallo Frau Froese, was macht ihrer Meinung nach den Studiengang Landschaftsarchitektur aus? Was ist das Besondere an diesem Studiengang?
"Der Studiengang Landschaftsarchitektur ist sehr vielfältig. Wir gestalten und planen nachhaltige Freiräume, bereiten Baumaßnahmen vor, setzen uns mit naturschutzfachlichen Fragestellungen auseinander oder erstellen großräumige Entwicklungskonzepte für die widerstandsfähige Stadt bzw. Landschaft von morgen.
Die Auseinandersetzung mit zukunftsfähigen Lösungen steht dabei immer an der Tagesordnung. Unsere Aufgabe ist es, Orte für Mensch und Natur zu gestalten, zu entwickeln und zu bewahren. Dabei setzten wir uns mit vielen verschiedenen Fragestellungen auseinander. Wie wollen wir in Zukunft leben? Wie können wir die Folgen des Klimawandels abmildern? Wie können wir resiliente und lebenswerte Städte gestalten? Wie können wir Natur und Landschaft erhalten und schützen? Gerade in Zeiten des Klimawandels wird eine nachhaltige Planung von Freiräumen immer wichtiger. Große betonierte Flächen und dicht bebaute Innenstädte heizen sich in den Sommermonaten auf. Starkregenereignisse überlasten unsere Kanalisationen und sorgen für Überschwemmungen. Die Landschaftsarchitektur setzt sich mit diesen Themenfeldern auseinander und versucht Lösungen für klimaresiliente und lebenswerte Freiräume zu finden.
Im Studium lernt man sowohl planerische Entscheidungen zu treffen als auch kreative Lösungen zu entwickeln. Neben Vorlesungen in den Bereichen Landschafts- und Freiraumplanung, Bautechnik und Pflanzenverwendung, gibt es während des Studiums zahlreiche Semesterprojekte, die das kreative und selbstständige Arbeiten fördern.
Um die Projekte visualisieren und präsentieren zu können, wird der Umgang mit branchentypischen Graphik- und Zeichenprogrammen gelehrt. Auch wenn viel Schreibtischarbeit dazugehört, arbeiten wir ab und an auch im Gelände oder sind bei Exkursionen in ganz Deutschland unterwegs. Das Besondere an diesem Studiengang ist, dass man mit seinen Ideen und Planungen dazu beitragen kann unsere Zukunft lebenswerter zu machen."
Welcher Aspekt ist für die Zukunft wichtiger: Erholung oder Umwelt?
"Auch wenn es für viele Menschen darauf eine einfache Antwort geben mag, ist fachlich gesehen die Frage eher schwierig zu beantworten. Dass Erholung und Umwelt sich nicht gegenseitig ausschließen müssen, wird bereits im ersten Paragraphen des Bundesnaturschutzgesetzes deutlich. Hier wird von der dauerhaften Sicherung des "Erholungswertes von Natur und Landschaft" gesprochen. Da Natur und Umwelt Grundlage unseres Lebens und unserer Gesundheit sind, sollten wir uns wohl nicht fragen, welcher Aspekt für die Zukunft wichtiger ist, sondern wie eine zukunftsorientierte, bewusste und rücksichtsvolle Erholung in der Natur aussehen kann. Wichtig dabei ist, dass man Natur und Umwelt in ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit respektiert und den Wert dieser Flächen für seine eigene Gesundheit erkennen und schätzen lernt. Denn was man liebt, das schützt man auch. Jeder einzelne kann zum Schutz der Natur beitragen, indem er zum Beispiel bei einem Spaziergang auf den Wegen bleibt oder die Natur sauberer hinterlässt als er sie vorgefunden hat.
Der respektvolle Umgang mit der Natur gilt natürlich auch auf kommunaler Ebene. Im Bundesnaturschutzgesetz ist die sogenannte Eingriffsregelung verankert, die festsetzt, dass vermeidbare Eingriffe in Natur und Landschaft (Bauvorhaben, Waldumwandlungen etc.) zu unterlassen sind. Gleichzeitig sind unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege wieder auszugleichen. Eingriffe in die Natur müssen somit immer zuerst einmal geprüft und abgewogen werden."
Wie sind Sie auf diesen Studiengang aufmerksam geworden? Was hat Sie dazu bewogen, diesen Studiengang zu wählen?
"Auf den Studiengang bin ich durch eine Internetrecherche bzw. über die Internetseite der Stadt Essen aufmerksam geworden. Mit Ende der Schulzeit war ich noch sehr unentschlossen, was meinen beruflichen Werdegang angehen sollte. Ich hatte mich allerdings schon immer für Natur- und Umweltthemen interessiert und konnte mir eine Vertiefung dieser Fachrichtung gut vorstellen. Die Landschaftsarchitektur deckte meine beruflichen Wünsche und Vorstellungen sehr gut ab. Daher habe ich mich für ein Studium in diesem Bereich entschieden."
Warum haben Sie sich für ein Studium bei der Stadt Essen entschieden?
"Das praxisintegriertes Studium bei der Stadt Essen bringt einfach viele Vorteile mit sich. Für viele Studenten ist natürlich der finanzielle Faktor ausschlaggebend, da während des Studiums eine monatliche Ausbildungsvergütung gezahlt wird. Gleichzeitig sammelt man bereits von Beginn an Arbeitserfahrung und kann Kontakte in der Berufswelt bzw. in den Fachbereichen knüpfen. Die Stadt Essen ist eine große Arbeitgeberin und in vielen Bereichen breit aufgestellt. Während des Studiums erhält man Einblick in viele verschiedene Fachrichtungen und lernt die Arbeit einer Verwaltung kennen. Und nach erfolgreichem Abschluss des Studiums wird man in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach TVÖD übernommen."
Wie sind der Ablauf des Studiums und der Einsatz beim Fachbereich? Entspricht es Ihren Vorstellungen eines praxisnahen Studiums?
"Tatsächlich wird das praxisintegrierte Studium häufig mit einem ausbildungsintegrierten dualen Studium verwechselt. Der Unterschied ist, dass bei einem praxisintegrierten Studium keine zusätzliche Ausbildung absolviert wird, sondern lediglich ein Einsatz während der vorlesungsfreien Zeit beim zuständigen Fachbereich erfolgt. Das Studium erfolgt somit in Vollzeit und wird durch die berufspraktische Zeit ergänzt. Für die Semesterzeit im Bachelor erfolgt eine Freistellung durch den Arbeitgeber.
Durch die Arbeit im Fachbereich ist das Studium auf jeden Fall praxisnah. Während der Arbeitszeit fährt man mit auf Baustellen, lernt Verwaltungsabläufe kennen oder bearbeitet eigene kleinere Projekte. Dabei wird oft auch Rücksicht auf bevorstehende Prüfungen an der Hochschule genommen. Die Semesterzeit wiederum besteht aus zahlreichen Projektabgaben, Vorlesungen und Exkursionen. Eine Vertiefung in den Bereichen Freiraumplanung, Landschaftsplanung, Grafik und Design, Pflanzenverwendung oder Bautechnik ist mit fortschreitendem Studium möglich."
Wie unterscheidet sich Ihre Arbeit zu der der Studierenden Grünflächenmanagement & Landschaftsbau?
"Die Landschaftsarchitektur beschäftigt sich mit nachhaltigen Lebensräumen, plant und gestaltet diese und verbindet hierbei Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Gestaltung. Der Studiengang zielt zudem auf ökologische und soziale Aspekte ab. Es geht z.B. um Freiraumplanung, Landschaftsplanung und Naturschutz.
Das Studium Grünflächenmanagement und Landschaftsbau beschäftigt sich eher mit öffentlichem Grün in Parkanlagen, Verkehrsbegleitgrün oder Sport- und Freizeitstätten. Diese Grün- und Freianlagen gilt es umzusetzen, zu unterhalten und technisch sowie wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu entwickeln. Deswegen schließen diese Studierenden zunächst auch erst eine Berufsausbildung zum Gärtner im Garten- und Landschaftsbau ab und absolvieren anschließend das Hochschulstudium an der TH OWL in Höxter."
Was muss man für dieses Studium mitbringen?
"Da das Studium einen ausgeprägten planerischen Schwerpunkt hat und es während des Semesters zahlreiche Projektabgaben geben kann, sollten Durchhaltevermögen und Ehrgeiz, selbstständiges und strukturiertes Arbeiten sowie Kreativität bzw. gestalterisches Interesse wohl ganz oben auf der Liste stehen. Grundsätzlich sollte man zudem ein Interesse an stadtplanerischen Zusammenhängen, naturschutzfachlichen Fragestellungen bzw. eine allgemeine "Liebe zur Natur" mitbringen. Wertschätzung und Begeisterung für lebenswerte Städte, qualitätvolle Freiräume und gesunde Ökosysteme sind ein wichtiger Bestandteil der Landschaftsarchitektur.
Gleichzeitig sollten sich Interessierte bewusst machen, dass wir einen Großteil unserer Arbeit am Schreibtisch verbringen, da wir viele Planungen am Computer bzw. im Büro machen. Bei Bestandsaufnahmen, Baustellenüberwachungen oder sonstigen Terminen sind wir aber natürlich auch Draußen unterwegs. Außerdem sind räumliches Verständnis, die Bereitschaft sich Dinge selbstständig anzueignen, ein breites Interesse an unterschiedlichen Themen sowie der Umgang mit Menschen grundsätzliche Bestandteile unseres Studiums. Hilfreich ist auch ein gesundes Selbstbewusstsein, da die Präsentation von Projekten ebenfalls zur Arbeit eines Landschaftsarchitekten gehört. Aber auch wenn man diese Fähigkeiten nicht von Anfang an mitbringt, entwickelt man sich im Studium deutlich weiter und lernt viele Dinge hinzu. Also keine Angst vor dem Unbekannten!"
Und noch eine Frage zum Abschluss: Was würden Sie allen Interessierten an diesem Studium mit auf den Weg geben?
"Die Landschaftsarchitektur ist sehr vielfältig und kann für jeden etwas bieten. Wenn man sich noch unsicher ist, ob das Studium das Richtige für einen ist, kann es sicherlich helfen ein Praktikum bei einem Landschaftsarchitekten oder im Garten- und Landschaftsbau zu machen, um die Grundlagen des Berufes kennenzulernen. Viele entscheiden sich auch zunächst für eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau, um sich grundlegende Kenntnisse anzueignen.
Im späteren Studium ist es hilfreich bereits frühzeitig Arbeitserfahrungen zu sammeln, wie zum Beispiel durch ein Praxissemester, einen Nebenjob oder ein praxisintegriertes Studium. Ebenso relevant ist es Kontakte in der Branche zu knüpfen. "Vitamin B" ist im späteren Berufsleben besonders wichtig – das gilt nicht nur für die Landschaftsarchitektur. Gleichzeitig gilt es in stressigen Zeiten Durchhaltevermögen zu beweisen und ab und zu "die Zähne zusammenzubeißen". Am Ende ist man umso stolzer, dass man es geschafft hat."
Vielen Dank für das Interview!