Um Pflegemutter oder -vater werden zu können, ist es nicht von Bedeutung welche Lebensform Sie für sich gewählt haben. Sowohl verheiratete als auch unverheiratete Paare, gleichgeschlechtliche Paare aber auch Einzelpersonen mit und ohne eigene Kinder können ein Pflegekind aufnehmen, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
Formale Voraussetzungen
Bei einer auf Dauer angelegten Vollzeitpflege und einer Erziehungsstelle sollte ein natürliches Verhältnis zwischen dem Alter des aufzunehmenden Kindes und dem Alter der Pflegepersonen bestehen. Bei der Familiären Bereitschaftsbetreuung kann der Altersunterschied auch größer sein.
- Pflegeeltern müssen in gesicherten finanziellen Verhältnissen leben.
- Die Wohnung muss ausreichend groß sein. Jedem Familienmitglied müssen genügend Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
- Das Pflegekind benötigt kontinuierliche Bezugspersonen. Pflegeeltern müssen Zeit haben. Eine Pflegeperson sollte nicht oder (bei Kindergarten –und Schulkindern) nur in Teilzeit berufstätig sein.
- Pflegeeltern müssen ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis sowie ein Gesundheitszeugnis vorweisen.
Persönliche Voraussetzungen
Mit Kindern zusammen zu leben und sie beim Erwachsen werden zu begleiten ist immer ein Abenteuer. Wer sich mit Pflegekindern auf dieses Abenteuer einlässt, stellt sich einer besonderen Herausforderung. Neben der Freude am Zusammenleben mit Kindern und der Fähigkeit sich ihnen liebevoll zuzuwenden, sollten Pflegeeltern deshalb noch weitere Voraussetzungen mitbringen, um den Turbulenzen des Alltags gewachsen zu sein:
- Einfühlungsvermögen
Manche Pflegekinder bringen infolge ihrer Lebensgeschichte ungewöhnliche Verhaltensweisen mit, die nicht immer leicht zu erklären und nachzuvollziehen sind. Pflegeeltern benötigen viel Feinfühligkeit und müssen versuchen, "mit den Augen ihres Pflegekindes" zu sehen, um es zu verstehen. - die Fähigkeit auf das Kind entsprechend seinem Entwicklungsstand und seiner Eigenart einzugehen
Pflegeeltern müssen besonders darauf achten, ihrem Pflegekind nicht mit zu hohen Erwartungen zu begegnen. Die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder sind sehr unterschiedlich und nicht unbedingt vorhersehbar. Manchmal können auch Zuwendung, Fürsorge und optimale Förderung Defizite nicht vollständig ausgleichen. Aber auch kleine Entwicklungsschritte sind immer große Erfolge! - Geduld und Durchhaltevermögen
Pflegekinder benötigen manchmal viel Zeit um wieder Vertrauen zu fassen, Nähe zuzulassen und neue Bindungen einzugehen. „Ein langer Atem“, Optimismus und Zuversicht sind hilfreich, um auch schwierige Zeiten zu überstehen. - Belastbarkeit und Konfliktfähigkeit
Ein Pflegekind bereichert das Leben der Pflegefamilie, aber es stellt an sie auch neue Anforderungen. Es kann immer wieder Zeiten geben, die besonders anstrengend sind und in denen Pflegeeltern viel Energie, Gelassenheit und Humor benötigen. Eine stabile und harmonische Partnerschaft und unbelastete Beziehungen zu den eigenen Kindern sind für die Aufnahme eines Pflegekindes unerlässlich. - Flexibilität
Wer ein Pflegekind aufnimmt, lässt sich auf Unwägbarkeiten ein. Pflegeeltern müssen mit unvorhergesehen Situationen und Entwicklungen umgehen können. Manches kommt überraschend und ungeplant. Wie wird das Kind sich in der neuen Familie einleben? Wird das Kind auffällige Verhaltensweisen zeigen? Wie wird sich der Kontakt zur Herkunftsfamilie entwickeln und wie kommt das Kind mit seinen zwei Familien klar? Dies sind nur einige von vielen Fragen, die sich nicht im Vorhinein beantworten lassen. Pflegeeltern begeben sich mit ihrem Pflegekind auf einen Weg, der möglicherweise noch die oder andere „Umleitung“ bereithält. - Akzeptanz und Respekt gegenüber der Herkunftsfamilie
Pflegekinder leben in ihrer Pflegefamilie und behalten ihre Herkunftsfamilie. Manche Pflegekinder haben regelmäßigen Kontakt zu ihren Herkunftseltern. Eine wichtige Aufgabe von Pflegeeltern ist es, das Kind bei diesem Umgang zu begleiten und zu unterstützen. Das Kind darf nicht in einen Loyalitätskonflikt zwischen seinen beiden Familien geraten. Der Gesetzgeber schreibt deshalb dem Jugendamt den Auftrag zu, darauf hinzuwirken, dass Pflegeeltern und leibliche Eltern zum Wohle des Kindes zusammenarbeiten (vergleiche SGB VIII § 37). Unabhängig davon, ob ein Pflegekind Kontakt zu seinen Herkunftseltern hat oder nicht - die Ursprungsfamilie bleibt für jedes Kind von Bedeutung. Deshalb dürfen Pflegeeltern den leiblichen Eltern nicht ablehnend gegenüber stehen. Seine Wurzeln zu kennen und die eigene Lebensgeschichte nachvollziehen zu können, ist wichtig für die Identitätsfindung. Früher oder später setzt sich das Pflegekind mit der eigenen Herkunft auseinander setzen. Hierfür benötigt es die Unterstützung seiner Pflegeeltern. - Bereitschaft sich dem sozialen Umfeld zu öffnen
Die Aufnahme eines Pflegekindes bringt nicht nur Veränderungen innerhalb der eigenen Familie oder Partnerschaft, sondern auch im sozialen Umfeld. Pflegefamilien erleben Anteilnahme und Unterstützung, Interesse und Neugier, Skepsis und Vorbehalte, manchmal auch Unverständnis. Durch das Pflegekind erweitert sich das Umfeld. Von einem Tag auf den anderen müssen Pflegeeltern mit Institutionen und Personen zusammenarbeiten, mit denen sie zuvor vielleicht noch nichts zu tun hatten (verschiedene Ärzte und Therapeuten, Frühförderstelle, Kindergarten, Schule). Falls noch familiengerichtliche Verfahren anhängig sind, haben Pflegefamilien eventuell auch Kontakt zu Richtern, Gutachtern und Verfahrenspflegern. - Bereitschaft zur Kooperation mit dem Jugendamt
Pflegeeltern müssen bereit sein, vertrauensvoll mit den MitarbeiterInnen des Jugendamtes zusammenzuarbeiten.