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Stadtverwaltung
27.11.2024
7 Min

Über 1.000 Denkmäler in Essen

Wo sich das kulturelle Erbe im Stadtbild zeigt


Denkmalschutz und -pflege bewahren historische Gebäude und Objekte für die Zukunft und unsere Nachwelt. Als gewachsene Gebilde weisen sie Spuren aus verschiedenen Zeiten auf. Dies zeigt sich auch an zwei Denkmälern, die als erstes und tausendstes Denkmal in Essen unter Schutz gestellt wurden und abgesehen von ihrer Lage in Werden unterschiedlicher nicht sein könnten: Die bis ins Jahr 800 zurückreichende ehemalige Abtei am Klemensborn und die ehemalige Wasserschutzpolizeistation an der Nordspitze der Brehminsel. Sie sind echte Meilensteine, die von 40 Jahren Denkmalschutz und-pflege in Essen zeugen.

Denkmalschutz ist gesetzlich verankert

Um zu einem Denkmal zu werden, ist kein bestimmtes Alter oder eine außergewöhnliche Schönheit nötig. Das Denkmalschutzgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW) legt fest: Denkmäler sind "Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." Als das Land Nordrhein-Westfalen 1980 das erste Denkmalschutzgesetz erließ, schuf es die Rechtsgrundlage für die Arbeit von Denkmalbehörden. Dadurch wurden die Fachämter beauftragt, eine Liste mit historisch bedeutenden Bauwerken zu erstellen, die begutachtet werden sollten.

Gut zu wissen

Denkmalschutz und -pflege sind in Deutschland Ländersache: Jedes Bundesland hat ein eigenes Denkmalschutzgesetz und ein daraus resultierendes System für dessen Umsetzung. In NRW hat die Stadt Essen deshalb eine Untere Denkmalbehörde (UDB), die als direkte Ansprechpartnerin vor Ort agiert.

Mehr über die Zuständigkeiten in der Denkmalpflege in Nordrhein-Westfalen

Essens erstes Denkmal

Es begannen Erkundungstouren der Mitarbeiter*innen durch das Stadtgebiet, bei denen ihnen unter anderem die ehemalige Abtei Werden ins Auge fiel. Das architektonisch herausragende Gebäude wurde schließlich in Essen als erstes Denkmal rechtskräftig geschützt. Das um 800 durch den Missionar Ludger gegründete Benediktinerkloster erhielt im 18. Jahrhundert durch die Errichtung neuer Abteigebäude den Glanz einer Barockresidenz. Zudem sei der Stadtteil "…durch seine sehr gut erhaltene historische Bausubstanz der letzten 300 Jahre von besonderer Bedeutung für Essen, aber auch das gesamte Ruhrgebiet…", hebt Barbara Pötsch, praktische Denkmalpflegerin für Werden, hervor.

1.000 und mehr Denkmäler

Dass denkmalwürdige Gebäude nicht uralt, ehrwürdig und schön sein müssen, beweist die ehemalige Wasserschutzpolizeistation an der Nordspitze der Brehminsel im südlichen Stadtgebiet. Sie liegt eingebettet in die malerische Kulisse der historischen Schleusenanlage und der ehemaligen Kornmühle. Der pavillonartige Bau steht für die in den 1950er Jahren angestrebte Expansion von Wasserwegen und ihrer Überwachung als bedeutende Verkehrsader. 2024 wurde die alte Wasserschutzpolizeistation als tausendstes Denkmal in Essen unter Schutz gestellt.

Das macht die Untere Denkmalbehörde

Besitzt ein Objekt in Essen Denkmalwert, wird es von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt unter Denkmalschutz gestellt. Sie kümmert sich darum, es zu schützen, zu pflegen, sinnvoll zu nutzen und wissenschaftlich zu erforschen. Um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, setzt sich die Denkmalbehörde der Stadt Essen aus verschiedenen Sachgebieten zusammen.

Die Abteilung für "Inventarisation, (kunst-) historische Untersuchungen" untersucht Objekte hinsichtlich ihres Denkmalwerts. Dafür tragen die Mitarbeitenden Quellenmaterial beispielsweise aus Archiven und Bibliotheken zusammen und werten es aus. Ziel ist es, denkmalwerte Substanz zu erfassen und zu erforschen. Deshalb werden alle Denkmäler in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. Dabei wird eine Karteikarte erstellt: Sie vermerkt die wesentlichen Merkmale des Denkmals sowie seinen Schutzumfang.

Zur Denkmalliste mit allen Essener Bau- und Bodendenkmälern (pdf, 1522 kB) ReadSpeaker

Hier eine Beispiel-Denkmalkarteikarte ansehen (pdf, 1019 kB) ReadSpeaker

Zwei Arten von Denkmälern

Bei Baudenkmälern handelt es sich um oberirdische Gebäude. Davon gibt es mit Stand 25. November 2024 insgesamt 1.003 in Essen. Zudem gibt es 65 Bodendenkmäler. Diese sind Zeugnisse der Kulturgeschichte, die im Boden verborgen liegen, etwa Siedlungen oder Gräber.

Ebenfalls Teil der Unteren Denkmalbehörde ist das Sachgebiet "Praktische Baudenkmalpflege". Dessen Mitarbeitende begleiten alle baulichen und gestalterischen Veränderungen sowie Erneuerungen, die an oder in einem Baudenkmal oder dessen näherer Umgebung geplant sind. Das kann beispielsweise der Anstrich der Fassade sein, die Erneuerung der Fenster oder auch Renovierungsarbeiten im Gebäudeinneren. Um sicherzustellen, dass die noch vorhandene historische und denkmalwerte Substanz sicher und wohlbehalten für die Zukunft erhalten bleibt, müssen Denkmaleigentümer*innen deshalb eine sogenannte denkmalrechtliche Erlaubnis einholen. Die Baudenkmalpfleger*innen informieren außerdem über finanzielle Fördermöglichkeiten und stellen Steuerbescheinigungen aus.

Mehr über die Baudenkmalpflege erfahren

Spannende Spuren aus Essens Geschichte

Die Stadtarchäologie, als dritte Abteilung der Unteren Denkmalbehörde, kümmert sich um die Funde und Denkmäler, die sich im Boden befinden. Deshalb stehen die Mitarbeitenden auch in engem Kontakt mit allen, die in der Stadt bauen wollen, etwa Verwaltungseinrichtungen, Planerinnen*Planern und Bauherrinnen*Bauherren. Entgegen der allgemeinen Erwartung ist der Arbeitsalltag deshalb weniger von Ausgrabungen geprägt, sondern vielmehr von der Überprüfung von Bauanträgen oder Beratungen. Sind bei Bauvorhaben archäologische Belange betroffen, dann werden die städtischen Archäologinnen*Archäologen aktiv.

Was ist eigentlich ein Bodendenkmal?

Bodendenkmäler sind im Boden erhalten gebliebene Relikte von Siedlungen und Gräberfeldern, Befestigungen, künstlich angelegten Gewässern, Produktionsstätten aber auch von alten Wegeverbindungen. Meist findet die Stadtarchäologie Überreste von Mauern, Fundamente, Erdschichten oder Bodenverfärbungen, die an der Erdoberfläche nicht zu erkennen sind. Aber auch Burgwälle, Spuren alten Bergbaus (Pingen) oder Grabhügel können Bodendenkmäler sein.

Im Geoportal auf Spurensuche gehen

So gibt es in Essen bereits über 4.000 archäologische Fundstellen. Und jedes Jahr kommen weitere neue Entdeckungen hinzu. Damit ist Essen eine der fundreichsten Städte im Ruhrgebiet. Die wichtigste Aufgabe der Stadtarchäologie besteht darin, die Bodendenkmäler zu erhalten. Nur, wenn dies nicht möglich ist, werden archäologische Spuren ausgegraben und die Befunde dokumentiert und ausgewertet. Außerdem informiert die Stadtarchäologie die Öffentlichkeit durch Vorträge, Veröffentlichungen und Ausstellungen. Ausgewählte Ergebnisse der Arbeit der Stadtarchäologie können Interessierte in den Funden des Monats entdecken.

Noch mehr Baudenkmäler in Essen

Essen ist eine recht alte Stadt. Ihre Geschichte begann um das Jahr 850 mit der Gründung des Stifts Essen. Aus einem kleinen Dorf entwickelte sich mit der Zeit die zweitgrößte Stadt im Ruhrgebiet. Dementsprechend entstanden über all die Jahre immer wieder zahlreiche Neubaugebiete. Und auch heute wird im gesamten Stadtgebiet neuer Wohnraum geschaffen. Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger, noch bestehende historische Gebäude zu bewahren und zu schützen. Gelungene Beispiele dafür sind etwa denkmalgeschützte Siedlungen wie die Margarethenhöhe oder die Altenhofsiedlungen.

Pauluskirche: denkmalgeschütztes Gotteshaus wird zur Pflegeeinrichtung

Aber auch die Pauluskirche in Huttrop zeigt, wie erfolgreicher Denkmalschutz in Essen funktioniert: Die Kirche wurde von 1957 bis 1959 nach den Plänen des Architekten Dennis Bonvier erbaut. Sie gilt als herausragendes Beispiel für die Kirchenbaukunst der Nachkriegszeit. Der Baukörper der Kirche ist ein hoch aufragender, massiver Baublock und steht leicht zurückgesetzt an der Steeler Straße. Das Gebäude hat ein Flachdach mit einem Glockenturm an seiner Westseite. Die Grundstruktur des Gebäudes ist konsequent gerastert. Die Fassaden sind durchgehend mit Bruchsteinmauerwerk verblendet, was die Massivität des Bauwerks unterstreicht.

Aufgrund ihrer besonderen architektonischen Bedeutung wurde die Kirche 2007 als Baudenkmal in die Liste der Stadt Essen aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt wurde das stark sanierungsbedürftige Gebäude nicht mehr für Gottesdienste und Gemeindezwecke genutzt und stand leer. 2011 kaufte die Adolphi-Stiftung die Pauluskirche mit ihren Nebengebäuden. Sie baute sie zu einer Altenpflegeeinrichtung mit 99 Bewohnerapartments um. Zwei neue Gebäudeflügel umrahmen die denkmalgeschützte Nordfassade der ehemaligen Kirche. Im ursprünglichen Kirchenschiff entstanden auf zwei Geschossen neue Räumlichkeiten: das Paulus-Café und darüber der "von Stockhausen Saal" mit dem den Kirchenbau prägenden "von Stockhausen Fenster". Durch die Umnutzung ist das denkmalwürdige Kirchengebäude erhalten und erlebbar geblieben.

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Bärendelle: Von der Schule zum Wohngebäude

Die Volkschule an der Bärendelle Essen-Ruhr wurde 1914 nach den Entwürfen des Architekten Albert Erbe errichtet. Bauliche Mängel und ein hoher Instandsetzungsbedarf führten dazu, dass der Schulbetrieb 2011 aufgegeben wurde. Stadt, Politik und Bürgerschaft bemühten sich um den Erhalt des Gebäudes und eine neue Nutzung. 2015 kaufte es schließlich die Stiftung "Mein Wohnen". Wegen unvorhersehbarer Mängel wurde die Baugenehmigung für den Umbau der ehemaligen Schule zu 51 Wohnungen jedoch erst 2017 erteilt.

Beim Umbau wurden die Originalsubstanz und das äußere Erscheinungsbild der Schule bewahrt: Die großzügigen Treppenhäuser und Teile der Klassenflure blieben erhalten. Die Gebäuderückseite erhielt Balkone aus Stahl und Aufzüge sorgen für Barrierefreiheit. Die ursprüngliche Turnhalle dient nun einer soziokulturellen Nutzung. Mit der Instandsetzung und Umnutzung des Gebäudes ist es gelungen, das Baudenkmal zu erhalten.

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Das Grugabad – eine echte Ikone

Seit 2020 zählt auch das Grugabad zu Essens Baudenkmälern. Mit rund 58.000 Quadratmetern Gesamtfläche ist es das größte Freibad in Essen. Während Schwimm- und Freibäder einst die Gesundheit und sportliche Betätigung der Menschen in den Vordergrund stellten, standen ab Mitte der 1960er Jahre Freizeit und Spaß im Fokus. So wurde im Rahmen der Essener Bundesgartenschau 1965 das Grugabad eröffnet. Die Freibadanlage nach den Plänen des Architekten Gerd Lichtenhahn lockte Bürger*innen fortan unter anderem mit Wellenbad, Sprungturm, Sportbecken und weitläufigen Rasenflächen. Damit zählte das Grugabad zu den fortschrittlichen Bädern auf europäischem Niveau.

Vier Schwimmbecken verschiedener Größen sind auf zwei Ebenen angelegt, wobei die untere dem Freizeitspaß dient. Über eine Wendeltreppe sind sie miteinander verbunden. Besonders markant ist auch die am Nichtschwimmerbecken gelegene Elefantenrutsche: Ihre beiden unterschiedlich langen Bahnen erinnern an Elefantenrüssel. Aufgrund des anspruchsvollen und bis ins Detail konsequent durchgeführten Gesamtkonzepts ist das Grugabad im nationalen und internationalen Vergleich einer der wenigen in dieser Art angelegten Bäderbauten aus seiner Bauzeit. Im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 wurde das Grugabad in die Reihe der "big beautiful buildings" aufgenommen.

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Chancen und Herausforderungen für den Denkmalschutz der Zukunft

In Zukunft wird der Denkmalschutz weiter eine bedeutende Rolle im Erhalt des kulturellen Erbes spielen. Dabei wird er sich jedoch auch neuen Herausforderungen und Chancen stellen müssen. Mit der fortschreitenden Urbanisierung und dem Klimawandel wird der Schutz historischer Bauten auch vor Umwelteinflüssen und baulichen Veränderungen immer wichtiger. Zugleich wird die Digitalisierung neue Möglichkeiten eröffnen, um Denkmäler zu dokumentieren, virtuell zugänglich zu machen und bei Restaurierungen präziser vorzugehen.

Zudem wird ein wachsendes Bewusstsein für nachhaltige Architektur den Fokus verstärkt auf die Nutzung bestehender Gebäude lenken, anstatt Neubauten zu bevorzugen. Denkmalschutz kann so auch einen Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem Ressourcen gespart und zugleich die Geschichte lebendig gehalten werden. Damit bleibt der Denkmalschutz nicht nur eine Bewahrung der Vergangenheit, sondern auch eine Investition in eine nachhaltige und kulturell vielfältige Zukunft.

Weitere spannende Einblicke in Baudenkmalschutz und -pflege erhalten


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