Gleichsam spiegeln die Plakate aber auch zeitgenössische gesellschaftliche Themen wider und bieten so einen "Blick von unten" in die kulturelle Dynamik der Stadtgeschichte. Die Internationalen Essener Song Tage im Jahr 1968 waren ein über die gesamte Stadt verteiltes Musikfestival, welches den insgesamt ca. 40.000 Zuschauern an fünf Tagen rund 43 Konzerte mit über 150 internationalen und nationalen Künstlern präsentierte. Es wurde gemeinsam von einer Arbeitsgemeinschaft freier Veranstalter und dem Jugendamt der Stadt Essen als damals größtes europäisches Festival populärer Musik organisiert - elf Monate vor dem legendären Woodstock-Festival in den USA. Neben gesellschafts- und politkritischen Bands des Rock, Pop, Folk, Chanson und Underground prägten auch nicht-musikalische Darbietungen das Programm und waren in ihrer Gesamtheit ein elementarer Ausdruck der 1968er-Bewegung. Das Festival gilt zudem als Initialzündung für die Entwicklung einer eigenständigen deutschen Rockmusik und hatte einen starken Einfluss auf die nachfolgende Entstehung des deutschen Krautrocks und Politrocks.
Genauso künstlerisch pointiert wurde das hier zu sehende Plakat in auffälligem Grün und Rot von Gertrude Degenhardt und Reinhard Hippen gestaltet, ergänzt durch Collagen von händischen Skizzen. Für das Festival wurden noch andere Plakate angefertigt - alternativ in auffallenden hellen Rottönen samt Programmnachricht. Parallel zum Festival erschien das umfangreiche "Song-Magazin", ebenfalls von Degenhardt und Hippen künstlerisch anspruchsvoll illustriert und mit dem gezeichneten Konterfei von Frank Zappa auf der Titelseite.
Werbeplakat für die Internationalen Essener Song Tage vom 25. bis 29. September 1968.
Signatur: 910
Nr. 1084.
Ein ähnlich medienwirksames Ereignis war das Jahr der "RUHR.2010 - Kulturhauptstadt Europas". Stellvertretend für alle Städte des RVR-Verbandsgebietes repräsentierte die Stadt Essen das Ruhrgebiet als Europäische Kulturhauptstadt 2010 und somit den Wandel von der industriell geprägten Region hin zur unkonventionellen Kulturmetropole. Die offizielle Eröffnungsfeier fand am 9. Januar 2010 auf dem Gelände der Zeche Zollverein statt. Die Stadt Essen bot während des gesamten Jahres zahlreiche Veranstaltungen und Aktivitäten an, während die anderen 53 Städte für jeweils eine Woche als "Local Heroes" mit Sonderprogrammen vertreten waren.
Auf dem Imageplakat wurden die prägenden Elemente der Region visuell zusammengeführt, indem als Stellvertreter der Kultur ein modernes Tanzpaar vor der Kulisse des Industriedenkmals Weltkulturerbe Zollverein zueinanderfindet.
Imageplakat zur Kulturhauptstadt Essen 2010. Im Hintergrund die jährliche Eisbahn auf Zollverein.
Signatur: 910
Nr. 2865.
Ebenfalls durch Plakate überliefert ist die Grüne Bewegung, die sich seit ein paar Jahren in der Gesellschaft bemerkbar macht - das Verbot von Plastiktüten im Supermarkt, der Aufruf zu weniger innerdeutschen Flügen und die "Friday’s for Future"-Aktionen sind dafür nur wenige Beispiele. Die Stadt Essen erhielt im Jahr 2017 den Titel "Grüne Hauptstadt Europas". Die Veranstalter nutzten diese Auszeichnung für ein buntes und vielseitiges Rahmenprogramm und warben darin nicht nur - wie hier im Plakat zu sehen - zur Nutzung alternativer urbaner Mobilität, sondern regten weiterhin einen zukunftsfähigen interkommunalen und internationalen Dialog zwischen Wirtschaft, Bürgerschaft und Politik an. Gebündelt wurde die Organisation der Veranstaltungen im eigens von der Stadt Essen eingerichteten Projektbüro "Grüne Hauptstadt Europas - Essen 2017", das unter anderem für die Gestaltung von Werbematerial zuständig war. Dieses befindet sich nun als Sammlungsgut im HdEG/Stadtarchiv.
Im Jahr 2020 erhielt die Stadt Lissabon in Portugal den Titel "Grüne Hauptstadt Europas".
Werbeplakat für "Essens grüne Woche für urbane Mobilität" vom 16. bis 24. September im Rahmen der "Grünen Hauptstadt Europas Essen 2017".
Signatur: 1061
Nr. 96.