Vereinsarchive im Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv

Das Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv verwahrt eine bemerkenswert dichte Überlieferung zur Verbands- und Vereinskultur in der Stadt Essen: Hierunter fallen rund 100 Bestände, hinzu kommen Nachlässe natürlicher Personen, die entsprechende inhaltliche Bezüge aufweisen. Einen besonderen Überlieferungsschwerpunkt bildet der Breitensport in der Stadt Essen. Die umfangreiche Sammlung an Beständen von Sportvereinen der verschiedenen Sparten dürfte deutschlandweit beispiellos sein.

Beispielhaft werden hier der Nachlass von Sophie Dapper und die Sammlung des Essener Turn- und Sportvereins von 1859 sowie die Sammlung des Essener Philatelisten Vereins e.V. anhand ausgewählter Exponate vorgestellt.

Sophie Dapper als Wegbereiterin des deutschen Frauenturnens

Sophie Dapper (11.05.1887 - 28.07.1972) entstammte einer alten Essener Familie, die am Limbecker Platz eine Buchhandlung und ein Schreibwarengeschäft führte. Von 1893 bis 1901 besuchte sie die Volksschule Essen, von 1901 bis 1904 die höhere Mädchenschule. Es folgten von 1904 bis 1907 die Lehrerinnenbildungsanstalt, 1907 der Abschluss als Volksschullehrerin. 1913 trat sie dem Essener Turnlehrer- und Turnlehrerinnenverein bei und begann eine Turnlehrerinnenausbildung bei der Stadt. 1921 ging sie nach Berlin und nahm dort ein Studium an der neugegründeten Deutschen Hochschule für Leibesübungen auf, welches sie mit 37 Jahren als Beste ihres Semesters abschloss. Nach wechselnden Lehrtätigkeiten, unter anderem auf Föhr und in Berlin, kehrte sie 1927 als Oberturnlehrerin nach Essen zurück und übernahm die Ausbildung am Turnlehrerinnenseminar. Sie war Frauenwartin im Rheinischen Turnerbund von 1933 bis 1945 und dann wieder von 1948 bis 1954. Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie maßgeblich am Wiederaufbau des Deutschen Turnerbundes beteiligt, dem sie als Frauenwartin von 1947 bis 1954 angehörte. Sie half bei der Gründung des Bundesverbandes Deutscher Leibeserzieher in Nordrhein-Westfalen und gehörte dem Vorstand von 1947 bis 1968 an.

Neben zahlreichen Ehrungen, wie auch der Plakette der Stadt Essen für besondere Verdienste in der Sportführung, wurde Sophie Dapper mit dem hier ausgestellten Bundesverdienstkreuz Erster Klasse anlässlich ihrer Verdienste um den Aufbau des Frauenturnens ausgezeichnet.

Sophie Dapper kann nicht nur als Wegbereiterin des deutschen Frauenturnens gelten. Ihre Biographie führt unmittelbar zu zentralen kulturgeschichtlichen Themen des 20. Jahrhunderts - zur Frauenbewegung, zur Turnbewegung und zur Entwicklung des Sports. Die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen dieser Zeit werden an ihrer Person und an ihrem Wirken ablesbar.


Das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse mit separater Anstecknadel, dazugehörige Verleihungsurkunde vom 12. April 1962 sowie Porträtfoto von Sophie Dapper aus dem Jahr 1931.
Signaturen: 684 Nummern 4, 20 und 24.

Essener Turn- und Sportverein von 1859 e.V.

Der Essener Turn- und Sportverein von 1859 e.V. wurde am 21. Oktober 1859 als Essener Turnverein gegründet. Später wurde der Name durch den Zusatz "gegr. 1859" ergänzt. Auch Variationen des Namens wie "Turnverein Essen 1859" waren gebräuchlich. Von 1917 bis 1920 führte der Verein den durch den Namensgeber autorisierten Namen "Essener Turnverein Hindenburg". 1920 erfolgte die Umbenennung in den heutigen Namen, unter dem der Verein am 15. Dezember 1921 ins Vereinsregister beim Amtsgericht Essen eingetragen wurde (Vereinsregister-Nummer: 1689).

Der Verein trat 1860 in den Rheinisch-Westfälischen Turnverband ein und blieb in diesem Verband auch, als dieser zu einer Unterorganisation der Deutschen Turnerschaft wurde. Der Verein blieb bis ins Dritte Reich hinein in der Deutschen Turnerschaft organisiert.

1913 trat er mit einer Riege in den Westdeutschen Spielverband ein und gehörte diesem bis zum Konflikt zwischen Turnen und Sport an.

Im Verein entstanden unter anderem 1860 eine Gesangabteilung, 1861 eine Turner-Feuerwehr und 1887 eine Schwimmriege. Hier zu sehen ist die Jugendabteilung vor der 1885 eröffneten städtischen Turnhalle an der Mühlenstraße, vermutlich anlässlich des 50jährigen Vereinsjubiläums 1909.


Gruppenfoto der Jugendabteilung des Essener Turn- und Sportvereins von 1859 e.V.
Signatur: 438 Nr. 206.

Essener Philatelisten-Verein e.V.

Der am 07.01.1892 im Hotel "Märkischer Hof" gegründete, 2018 aufgelöste Essener Philatelisten-Verein war einer der ältesten deutschen Briefmarkenvereine.

Er war Mitglied im Bund Deutscher Philatelisten und der ArGe Ruhr, der Arbeitsgemeinschaft Ruhr der Briefmarkenfreunde e.V., einem überregionalen Zusammenschluss von Briefmarkenvereinen aus Oberhausen, Bottrop und Essen.

Die hier zu sehenden Sonderumschläge und der Werbestempel sind im Rahmen der vereinseigenen Öffentlichkeitsarbeit zu sehen, die sehr rege betrieben wurde. Der Essener Philatelisten-Verein richtete zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen aus, so zum Beispiel 1922 eine Briefmarkenbörse im Saalbau Essen oder 1932 die Essener-Postwertzeichen-Ausstellung "EPOSTA" sowie den 20. Westdeutschen Philatelistentag im Kaupensaal und bereicherte hierdurch viele Jahre das Kulturleben der Stadt.


Sonderumschläge und Werbestempel des Essener Philatelisten-Vereins e.V. sowie die zweite Satzung des Vereins vom 30. März 1947.
Signatur: 502 Nr. 1.

Der Verein diente laut Satzung vom 30. März 1947 dem Zweck der Hebung und Verbreitung der Postwertzeichenkunde und der Vertretung der Sammlerinteressen. Als Mittel geeignet erschienen:
1. Regelmäßige Versammlungen mit Vorträgen und Besprechung philatelistischer Fragen,
2. Unterhaltung einer Vereinsbücherei,
3. Anlage und Ausbau einer Fälschungssammlung,
4. Förderung des Tausch- und Kaufverkehrs,
5. Lieferung philatelistischer Zeitschriften als Vereinsorgan an die Mitglieder,
6. Gründung und Förderung von Jugendgruppen,
7. Verwertung des philatelistischen Nachlasses verstorbener Mitglieder durch einen besonderen Ausschuss,
8. Betrieb einer Neuheitenbeschaffungsstelle.

Bis zur letzten Satzung vom 21. Februar 1997 wurde die Aktivitätenliste deutlich verringert: Man konzentrierte sich nunmehr auf die Kernaufgaben durch die Förderung des Sammelns und Tauschens philatelistischen Materials, die Durchführung philatelistischer Veranstaltungen, die Beratung zu Nachlassfragen, Sammlerschutz und Fälschungsbekämpfung. Ersatzlos gestrichen waren die Vereinsbücherei, die Fälschungssammlung, der Betrieb einer Neuheitenbeschaffungsstelle sowie die Lieferung philatelistischer Zeitungen. In der ersten Fassung von 1947 war aber noch ausdrücklich erwähnt: "Politik und Religion sind ausgeschlossen."

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