In Essen sterben jährlich etwa 9.000 Menschen - mehr als die Hälfte von ihnen im Krankenhaus. In den vergangenen Jahren wird die Situation schwerkranker und sterbender Menschen in der Öffentlichkeit häufiger thematisiert und damit seltener ausgeblendet. Viele Bürgerinnen*Bürger engagieren sich ehrenamtlich in Hospizdiensten. Immer mehr Ärztinnen*Ärzte, Pflegende und Mitarbeitende sozialer Dienste in vielen Gesundheitsfeldern qualifizieren sich für den Umgang mit unheilbar Kranken und Sterbenden und erwerben Wissen und Fähigkeiten in der Palliativmedizin und -pflege und in der hospizlichen Begleitung.
Jeder Mensch hat das Recht, unter würdigen Bedingungen zu sterben – diesem Grundsatz fühlen sich die Essener Krankenhäuser verpflichtet. Sie unterstützen die Anliegen der "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland" und sehen die Begleitung und Betreuung dieser Menschen als eine ihrer Aufgaben an. Dabei gilt es, die Angebote und Strukturen im Krankenhaus entsprechend anzupassen und diese mit ambulanten Strukturen zu vernetzen, um eine kontinuierliche und verlässliche Versorgung dieser Menschen zu erreichen. Die Charta, das geplante Hospiz- und Palliativgesetz und der Krankenhausplan NRW zeigen Notwendigkeiten auf, geben wesentliche Hinweise zur Palliativversorgung und Hospizkultur in Krankenhäusern.
Daher vereinbaren die Essener Krankenhäuser folgende Maßnahmen:
Informationen bereitstellen
Die Krankenhäuser informieren Patientinnen*Patienten, Angehörige und Interessierte und stellen hilfreiche und verständliche Informationen über palliative und hospizliche Angebote zur Verfügung. Ansprechpartner werden benannt und auf weitere Informationsmöglichkeiten in Essen wird hingewiesen.
Personelle Ressourcen stärken
In den krankenhausinternen Weiterbildungen nehmen palliative und hospizliche Themen einen angemessenen Raum ein. Jedes Krankenhaus verfügt über mindestens eine*einen Ärztin*Arzt mit der Zusatzbezeichnung Palliativmedizin sowie über Pflegende mit Palliative Care Zertifikat (DGP) oder stellt in anderer Form, z.B. durch Kooperation eine bedarfsgerechte palliativärztliche und pflegerische Versorgung der Patientinnen*Patienten sicher. Den Mitarbeitenden wird die Teilnahme an Palliativkonferenzen, wissenschaftlichen Kongressen und anderen Fortbildungsveranstaltungen ermöglicht. In Krankenhäusern, die aufgrund ihrer fachlichen Ausrichtung einen hohen Anteil an Palliativpatientinnen*Palliativpatienten versorgen, wird eine Person zum Palliativbeauftragten benannt. Seine Aufgabe ist es, im Einvernehmen mit dem Träger, den Leitungen der Fachabteilungen und der Pflege die palliativärztliche Versorgung zu organisieren und die Qualität der Versorgung und der Vernetzung mit ambulanten Bereichen intern und extern weiterzuentwickeln. Die Einrichtung oder Beteiligung an einer Palliativ-/Hospizkonferenz, an der Palliativärztinnen*Palliativärzte, - pflegende und Vertretende von ambulanten und stationären Hospizdiensten teilnehmen, wird angestrebt.
Für die Belange und Sorgen der an der Versorgung und Begleitung sterbender Patientinnen*Patienten und deren Angehörigen beteiligten Mitarbeitenden aller Berufsgruppen stehen in den Krankenhäusern Möglichkeiten der Aussprache und emotionalen Entlastung zur Verfügung (z.B. Supervision, Gesprächsangebote, Abschieds- und Trauerkulturangebote). Die Kontaktdaten der Ansprechpartner sind bekannt und die Angebote können während der Arbeitszeit in Anspruch genommen werden.
Strukturen vorhalten
Ein multiprofessioneller Palliativdienst bestehend aus mindestens einer*einem Ärztin*Arzt mit entsprechender Weiter- oder Zusatzausbildung, einer Pflegekraft mit Weiterbildung Palliative Care und einer*einem Vertreterin*Vertreter einer weiteren Profession (z.B. Hospizkoordination, Sozialarbeit, Seelsorge) steht arbeitstägig zur Verfügung. Bei Häusern mit einer spezialisierten palliativmedizinischen Ausrichtung ist der Palliativdienst dem Palliativbereich zugeordnet. Mit ambulanten Hospizdiensten werden Kooperationen geschlossen. Es besteht die Möglichkeit zu ethischer Einzelfallberatung. Für trauernde Angehörige werden Angebote vorgehalten (z.B. Trauergruppe, Trauercafe, qualifizierte Einzelgespräche).
Organisation weiterentwickeln
Schmerzen und andere belastende Symptome sowie psychischer, sozialer und spiritueller Bedarf bei Schwerkranken und Sterbenden werden entsprechend vorliegender Standards und mit erprobten Systemen erfasst und dokumentiert. Die Notwendigkeit einer Palliativbetreuung wird festgestellt und an die weiter versorgenden Stellen übermittelt. Hausarztpraxen und Pflegedienste werden bei Therapiezieländerungen oder – begrenzungen zeitnah informiert und nach Möglichkeit in die Entscheidungsfindung einbezogen. Als Ausdruck des wertschätzenden Umgangs mit sterbenden Patientinnen*Patienten und ihren An- und Zugehörigen sollen Übernachtungen für Angehörige, Einzelzimmer für Sterbende und eine würdevolle Aufbahrung nach dem Tod ermöglicht werden.
Die Krankenhäuser streben eine gute Zusammenarbeit mit der allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung und mit den ambulanten und stationären Hospizgruppen sowie mit weiteren Diensten an. Sie wirken in regionalen Palliativnetzwerken (z.B. dem Netzwerk Palliativmedizin Essen) mit.
Der "Essener Standard Palliativversorgung und Hospizkultur" versteht sich als kontinuierlicher Prozess zur Verbesserung der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen. Er soll – neben vielen weiteren Aktivitäten – ein Schritt auf dem Weg zu einer Kultur des offenen Umgangs mit den Themen Sterben,Tod und Trauer in Essen sein.
Dieser Essener Standard wurde am 20.10.2015 von allen Krankenhäusern und dem Verein Hospizarbeit Essen, dem Netzwerk Palliativmedizin Essen und der Stadt Essen als Kooperationspartner unterzeichnet und öffentlich vorgestellt.