200 Jahre Liegenschaftskataster in Essen

Im Jahr 2021 feiert das Liegenschaftskataster in Essen sein 200-jähriges Bestehen. An dieser Stelle soll ein kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung und ein Ausblick in die Zukunft gegeben werden.

Geschichtliche Entwicklung

1821

Der Beschluss von 1820 zur Aufstellung eines Parzellenkatasters für die preußischen Provinzen Rheinland und Westfalen war der Startschuss zur Aufstellung eines Katasters, in dem jede einzelne Parzelle flächenmäßig und lagerichtig erfasst und maßstabsgerecht dargestellt werden sollte. Hintergrund war die geplante Grundsteuer (Besteuerung von Grundstücken), die in Abhängigkeit der genauen Flächengröße einer jeden Parzelle auf eine gerechte Grundlage gestellt werden sollte. Zur Umsetzung des Beschlusses wurde in Essen ab 1821 mit der Kartierung der ersten Liegenschaftskarten begonnen. Diese Karten werden auch als Urkarten bezeichnet und haben erstmals jede einzelne Parzelle (Flurstück) eines bestimmten Gebiets erfasst. Alle nachfolgenden Kataster-Kartenwerke leiten sich von diesen Urkarten ab, indem die einzelnen Flurstücke für eine neue Nutzung entsprechend fortgeführt wurden. Dazu hier einige Beispiele

Damit einhergehend wurden in den Bürgermeistereien Essen, Borbeck, Steele und Altenessen die ersten „Königlichen Kataster-Bureaus“ eingerichtet, die ab 1878 durch mehrere Katasterämter auf dem Gebiet der heutigen Stadt Essen abgelöst wurden.

1875

Auf Grundlage der preußischen Grundbuchordnung entstanden 1875 die drei Essener Grundbuchämter bei den Amtsgerichten Essen, Borbeck und Steele. Das Grundbuch weist die Eigentümer und Belastungen der Grundstücke nach und in Verbindung mit den Liegenschaftskarten der Katasterämter wurde aus dem Grundsteuerkataster das Eigentumskataster in seiner heutigen Form. Dieses Prinzip des rechtssicheren Eigentumsnachweises von Grundstücken und Gebäuden durch die sich ergänzenden Verzeichnisse Grundbuch und Liegenschaftskataster existiert bis heute.

1909

Der Zeichensaal. Die Herstellung und Fortführung der Liegenschaftskarten erfolgte durch manuelles kartieren der vor Ort ermittelten Vermessungsergebnisse und erforderte handwerkliches Geschick. Erst 2002 wurde ein EDV-gestütztes Verfahren eingeführt.

1948

Nach dem 2. Weltkrieg wird das amtliche Vermessungswesen Aufgabe der Bundesländer. In NRW wird das Liegenschaftskataster als Teil des amtlichen Vermessungswesens 1948 kommunalisiert. Die Kreise und kreisfreien Städte in NRW nehmen die Aufgaben des Liegenschaftskatasters als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr und müssen ein Katasteramt für ihren Zuständigkeitsbereich einrichten. Erst dadurch wird das Katasteramt in Essen ein Teil der Stadtverwaltung. Allerdings liegt die Fachaufsicht bei der Bezirksregierung Düsseldorf und beim Innenministerium.

In Essen ist das Katasteramt bis 1953 eine Abteilung des Vermessungs- und Katasteramtes (damals St.A. 61). Von 1953 bis 1970 war das Katasteramt ein selbständiges Amt, zunächst als St.A. 66 später als St.A. 69. 1970 wurde das Katasteramt mit dem Stadtvermessungsamt zum Vermessungs- und Katasteramt (St.A. 62) zusammengelegt.

1972

Die Rechtsgrundlage für das Liegenschaftskataster in NRW ist das Vermessungs- und Katastergesetz (VermKatG NRW) vom 11.07.1972.

1988

Bereits in den 1980er Jahren begannen die Katasterämter mit der Digitalisierung ihrer Datenbestände. Zunächst wurde das im Karteikarten-Format geführte Liegenschaftsbuch mit den beschreibenden Informationen und den Eigentümern der Flurstücke digitalisiert und in Essen ab 1988 mit dem EDV-System ALB (Automatisiertes Liegenschaftsbuch) geführt. Mitte der 1980er Jahre, also zu Beginn der Digitalisierung, hatte das Essener Katasteramt 60 Mitarbeitende.

2002

Als nächstes wurden die 685 Liegenschaftskarten mit ca. 137.000 Flurstücken und ca. 180.000 Gebäuden digitalisiert und ab 2002 mit dem EDV-System ALK (Automatisierte Liegenschaftskarte) parallel zum ALB geführt. Im Laufe der Jahrzehnte sind die unterschiedlichsten Kataster-Kartenwerke entstanden, die bis 2002 manuell kartiert wurden. Davon unabhängig hat sich an dem Grundprinzip der Fortführung der Liegenschaftskarte bis heute nichts geändert: Vorhandene Flurstücke werden für eine neue Nutzung durch Fortführungsvermessungen zu neuen Flurstücken aufgeteilt oder zusammengelegt und in der Liegenschaftskarte entsprechend nachgewiesen.

Der Fachbereich 62 stellt sich neu auf und heißt nun Amt für Geoinformation, Vermessung und Kataster. Das Katasteramt ist als Abteilung 62-5 ein Teil dieses Amtes.

2004

Bei den Amtsgerichten ist die Digitalisierung der Grundbücher abgeschlossen. In Verbindung mit dem ALB ist nun ein automatisierter Datenaustausch zwischen Liegenschaftskataster und Grundbuch möglich.

2012

Die Ausbildung der eigenen Fachkräfte hat im Fachbereich 62 eine lange Tradition. Jährlich werden zwei Auszubildende im Beruf der Vermessungstechnikerin/des Vermessungstechnikers ausgebildet. Leider reicht das nicht um dem zukünftigen Fachkräftemangel zu begegnen. Daher bietet der Fachbereich 62 in Zusammenarbeit mit der Hochschule Bochum seit 2012 zusätzlich ein praxisintegriertes Studium für zwei bis drei Bewerber pro Jahr an. Näheres zur Ausbildung finden Sie rechts unter „Unser Berufsbild".

2014

Die Datenbestände des ALB und der ALK werden im GIS-System ALKIS (Amtliches Liegenschaftskataster-Informationssystem) zusammengefasst und geführt.

Zur Verwaltung der jährlich ca. 28.000 Vorgänge im Liegenschaftskataster wird die Software GEORG als Geschäftsbuch eingesetzt.

2016

Als dritte Säule des Liegenschaftskatasters werden die ca. 175.000 Fortführungsrisse und die ca. 64.000 Grenzniederschriften als Nachweis der exakten Lage der Eigentumsgrenzen digitalisiert und ab 2016 mit der Software LinkBase geführt. Seit 2019 werden diese Nachweise über das „Vermessungsunterlagen-Portal“ landesweit den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren zum Download bereitgestellt.

2017

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Katasteramtes. 2017 hatte das Katasteramt 34 Mitarbeitende (vier Kollegen fehlen auf dem Foto).

Ausblick

Die Zukunft des Liegenschaftskatasters wird sowohl bei der Datenbereitstellung als auch bei der Datenerhebung von der weiteren Digitalisierung geprägt sein. Die wichtigste Aufgabe des Liegenschaftskatasters, die Eigentumssicherung an Grundstücken und Gebäuden, wird dabei aber immer im Vordergrund stehen.

Die Zukunft des Liegenschaftskatasters bedeutet für technisch interessierte Schülerinnen und Schüler die Aussicht auf ein attraktives und modernes Berufsbild (@weltvermesserer) und auf einen sicheren Arbeitsplatz. Sowohl das amtliche Vermessungswesen als auch viele mit Vermessungstätigkeiten befasste Firmen in NRW suchen Nachwuchskräfte.

Bereitstellung der Daten

Lag der Fokus bisher auf der Digitalisierung der analogen Datenbestände, wird zukünftig die Bereitstellung der Daten für die Bürgerinnen und Bürger per Online-Zugriff immer mehr an Bedeutung gewinnen. Das Katasteramt wird demnächst amtliche Auszüge aus der Liegenschaftskarte zum Download bereitstellen.

Die durch Fortführungsvermessungen historisch gewordenen Grundstücke müssen aus eigentumsrechtlichen Gründen jederzeit hinsichtlich ihrer damaligen Lage und Bezeichnung ermittelt werden können. Außerdem könnten sie Bestandteil von alten Verträgen sein, die nach wie vor Gültigkeit haben. Daher gilt seit 200 Jahren die Regel, dass alle Unterlagen zu den Flurstücken dauerhaft aufzubewahren sind. Dazu hier ein Beispiel. Die historischen Katasterkarten sind also ein bedeutender Teil des Liegenschaftskatasters und fast vollständig und in guter Qualität erhalten. Die Digitalisierung der historischen Katasterkarten ist in Arbeit und eine anschließende Bereitstellung zur Online-Einsicht ist geplant.

Erhebung der Daten

Für Vermessungen vor Ort wurden die Messgeräte, die Messmethoden und die Dokumentation der Messergebnisse in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr digitalisiert. Zukünftig sollen verstärkt Daten aus Fernerkundungsmaßnahmen zur Aktualisierung des Liegenschaftskatasters beitragen. Die Vermessung von Eigentumsgrenzen wird aber weiterhin vor Ort erfolgen.

Eigentumssicherung von Grundstücken und Gebäuden

Die Hauptaufgabe des Liegenschaftskatasters in Verbindung mit dem Grundbuch war und ist die Eigentumssicherung von Grundstücken und Gebäuden. Dabei handelt es sich um eine generationsübergreifende Aufgabe. Veränderungen an Grundstücken und Gebäuden werden auch weiterhin vermessungstechnisch dokumentiert und dauerhaft archiviert. Die Essener Grundstücks- und Wohnungseigentümer können sich somit auch in Zukunft darauf verlassen, dass ihnen und ihren Nachfahren das Eigentum an Grundstücken und Gebäuden rechtssicher zugeordnet wird.

In diesem Sinne sind wir auch die nächsten 200 Jahre für Sie da.

Ihr Katasteramt

1821 - 2021

Vier verschiedene Dienstsiegel des Katasteramtes
Die Dienstsiegel der Essener Katasterämter spiegeln die politischen Umbrüche in Deutschland wider.

1921

Die Auszubildenden zum Vermessungstechniker nach bestandener Abschlussprüfung.

1929

Das Deutschlandhaus wurde 1929 fertiggestellt und ist seitdem die Dienststelle des Vermessungsamtes. 1948 kam das Katasteramt dazu.

1979

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Katasteramtes.

2017

Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Liegenschaftskatasters in Österreich entstand dieser Film, der sehr anschaulich den Zweck und die Entwicklung des Liegenschaftskatasters darstellt und ebenso auf Deutschland zutrifft.

2021

© 2024 Stadt Essen